Am kommenden Samstag veranstaltet der Förderverein Niklaus von Flüe und Dorothea Wyss in Flüeli-Ranft die Herbstveranstaltung «Frieden mit der Natur». Einer der Redner ist der Friedensaktivist Arne Engeli aus Rorschach.
Wie wenn es gestern gewesen wäre, erinnert sich Arne Engeli an die erste Europäische Ökumenische Versammlung von 1989 in Basel mit dem Thema «Frieden in Gerechtigkeit». Zum ersten Mal seit der Reformation versammelten sich alle europäischen Kirchen am gleichen Ort und verabschiedeten ein Schlussdokument, das für die Ökumene bis heute von grosser Bedeutung ist. Für Engeli ging damals ein Fenster auf, es war für ihn ein «Kairos-Moment», ein günstiger Zeitpunkt für eine Entscheidung.
Einen anderen «Kairos-Moment» erlebte Engeli im Oktober 1989, als in Leipzig regelmässig Menschen auf die Strasse gingen und so die Wende und den Mauerfall herbeiführten. Mit Blick auf den Ukraine-Konflikt wurde nach Engelis Meinung mindestens zweimal ein solcher «Kairos-Moment» nicht genutzt. Das eine Mal, als 2015 die von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ausgearbeiteten 13 Punkte des Minsker Abkommens nicht umgesetzt wurden. Und das andere Mal kurz nach Kriegsausbruch, als Wolodimir Selenski ohne Erfolg den Vorschlag machte, auf einen möglichen Nato-Beitritt zu verzichten, sollte Russland das ukrainische Territorium respektieren.
Drei Tage nach Kriegsbeginn in der Ukraine gab Engeli dem reformierten «Bref»-Magazin ein Interview und bejahte auf der Grundlage der UNO-Charta das Recht der Ukraine auf bewaffnete Selbstverteidigung und auf die Hilfe durch andere Staaten. Gleichzeitig könne seiner Meinung nach eine solche Kriegsführung höchstens einen Waffenstillstand herbeiführen, nie aber den Frieden. Was es brauche, sei die Umsetzung des Grundsatzes «Wer den Frieden will, muss den Frieden vorbereiten». Mit Blick auf den Ukraine-Krieg akzeptiert er, dass auch die Friedensbewegung wohl zu wenig aktiv war, um den Krieg zu verhindern. Denn irgendwie waren alle Kriege in der Welt für die Europäer zu weit weg. Nun hofft Engeli, dass in der Schweiz Widerstand gegen die jüngsten nationalen Aufrüstungspläne geleistet wird.
Der Schlüssel für den Frieden ist für Engeli die Gerechtigkeit. Mit diesem Gedanken weiss sich der Friedensaktivist mit Bruder Klaus einig: «Fried ist allweg in Gott, denn Gott ist der Fried.» Engeli erweitert den Begriff in Richtung «Klimagerechtigkeit», was eng mit dem Wort «Bewahrung der Schöpfung», einem weiteren Friedensleitsatz, verbunden ist. «Wir sind die grössten Klimasünder, aber wir leiden am wenigsten darunter.» Man darf auf die Diskussion am nächsten Samstag in Flüeli-Ranft gespannt sein.
Der 1936 geborene Thurgauer Arne Engeli hat in Zürich und Konstanz Politikwissenschaften und Soziologie studiert. Von 1971 bis 1991 leitete er das Evangelische Tagungszentrum Schloss Wartensee, Rorschacherberg. Zwischen 1993 und 2001 arbeitete er als Programmbeauftragter für das ehemalige Jugoslawien beim evangelischen Hilfswerk Heks. Von 1992 bis 1997 präsidierte Engeli den Schweizerischen Friedensrates. (sy.)