OBWALDEN: Kinder bringen im Schulzimmer «Thymio» zum Laufen

Bis zum kommenden Frühling werden 600 Schüler im Kanton das Programmieren lernen. Damit ist Obwalden schweizweit Vorreiter. In Lungern wurde das Projekt den Medien vorgeführt.

Marion Wannemacher
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Robotikprojekt in der Klasse 6c Lungern: Jeremias Bucher (stehend im roten Shirt) gibt den Schülern wertvolle Tipps. (Bild: Marion Wannemacher (Lungern, 27. September 2017))

Robotikprojekt in der Klasse 6c Lungern: Jeremias Bucher (stehend im roten Shirt) gibt den Schülern wertvolle Tipps. (Bild: Marion Wannemacher (Lungern, 27. September 2017))

Marion Wannemacher

marion.wannemacher@obwaldnerzeitung.ch

Eifrig räumen die Mädchen und Buben der Klasse 6c in der ­Schule Lungern ihre Pulte zur Seite, rollen Parcoursmatten und Begrenzungen für ihre Roboter aus und begeben sich an ihre Posten. ­Zwei Schülerinnen sind an der Aufgabe A2: «Unser Roboter soll auf der Landkarte bleiben und darf nicht runterfallen», erklären sie. «Er soll einen Moment am Rand anhalten, dann wenden und weiterfahren.» Mit dem Roboter können die beiden gleich nach dem Programmieren testen, ob sie alles richtig gemacht haben.

Die heutige Lektion ist im Fokus der Öffentlichkeit. Journalisten und Vertreter von Kanton und beteiligten Unternehmen besuchen den Unterricht. Die Schüler der Klasse 6c gehören zu den ersten Schülern in der Schweiz, die im Unterrichtsprojekt «ShOW 2018» das Programmieren an Robotern lernen dürfen. Der Robotertyp heisst Thymio II und wurde an der ETH Lausanne für den Einsatz an Schulen entwickelt. Gemeinsam unterstützen die Maxon Motor AG und Samsung Schweiz das Projekt finanziell und technisch.

Durch die Einführung des Lehrplans 21 wurde «Medien und Informatik» zum Pflichtfach. Dazu gehört auch das Thema Programmieren. Unter Federführung der Pädagogischen Hochschule Luzern sollen zunächst die Lehrpersonen an einem halben Tag weitergebildet werden, um dann ihr Wissen an die insgesamt 600 Schülerinnen und Schülerinnen der ersten bis sechsten Klasse in Obwalden weiterzugeben. Insgesamt drei Roboter-Kisten mit je acht Thymio-Robotern, Tablets mit installierter Software, Anleitungsdossiers und Aufgabenkarten mit Lösungshilfen auf verschiedenen Levels stehen ihnen zur Verfügung. Für die Schüler der drei ersten Klassen gibt es zwei Mini-Biber-Kisten mit kindgerechtem Material.

Schulleitung ist begeistert vom Projekt

«Für uns ist es eine Win-win-win-Situation», betont Anneliese Zimmermann, Schulleiterin von Lungern, begeistert. Der Kanton leiht der Schule Lungern die Materialien aus. «Als kleine Schule sind wir sehr froh, da wir uns eine solche Infrastruktur nicht leisten könnten. Ausserdem ist es nachhaltig, man muss nicht alles selbst besitzen.»

Auch die Maxon Motor AG hat ihren Nutzen an dem Projekt. «Wir wollen die Schüler ermutigen, der eigenen Technikbegabung mit Freude nachzuspüren», sagt Projektleiter Max Erick ­Busse-Grawitz. Solche Talentförderung könne dem Sachsler Unternehmen künftige Lehrlinge und Ingenieure bescheren. Zwar habe die Maxon Motor AG keine Schwierigkeiten damit, Lehrstellen zu besetzen, so Busse-Grawitz. «Dennoch ist es manchmal nicht einfach, dass kompetente Bewerber den Weg nach Obwalden finden.»

Die 12 Automatiker- und Elektronikerlehrlinge der Motorenfabrik helfen bei der Betreuung der Schüler. Jeremias Bucher aus Kerns, Auszubildender im zweiten Lehrjahr, ist einer von ihnen. Er steht dem Klassenlehrer Adrian Grünig zur Seite. Ein bisschen zögerlich nähert sich der 16-Jährige den Sechstklässlern und gibt ihnen Tipps. «Es ist cool, mit den Schülern zu arbeiten und ihnen etwas zu erklären, ich freue mich auf die Aufgabe», sagt der künftige Automatiker.

Auch Lehrer Adrian Grünig ist in seinem Element. Er ist an der Schule Lungern so etwas wie ein Informatikdozent. Die Kinder stellten sich unterschiedlich begabt an, ist seine Erfahrung: «Für die einen ist das Thema auch nach verschiedenen Lektionen noch schwierig zu verstehen, die anderen begreifen es schnell.»

Talentprogrammierer zeigen, was sie gelernt haben

Am 25. April können dann die Schüler zeigen, was sie gelernt haben. Am Programmier-Event «ShOW 2018» für Freiwillige werden sie gleichzeitig Einblick erhalten in technische und IT-Berufe in der Maxon Motor AG in Sachseln.

Das Projekt findet mittlerweile derartigen Anklang, dass auch der Kanton Nidwalden mitmacht. Alle vierten bis achten Klassen in Nidwalden kommen ebenfalls in den Genuss der Programmierstunden.