Wer nur kleine Mengen Obst brennt, könnte künftig weniger Steuern bezahlen. Das wäre gut für die Bauern. Die gewerblichen Brenner aber befürchten eine neue Billigkonkurrenz.
Bei der Revision des Alkoholgesetzes steht zurzeit eine Steuerreduktion für Kleinmengen zur Debatte. Wer nicht mehr als 1000 Liter Alkohol brennt, soll 30 Prozent weniger Steuern zahlen müssen. Da es sich bei der Referenzgrösse von 1000 Litern um reinen Schnaps handelt, wäre die rabattierte Menge pro Bauer auf die üblichen 40 Volumenprozent heruntergerechnet schliesslich 2 500 Liter. Der Nationalrat hat den neuen Vorschlag, nachdem eine allgemeine Steuerreduktion abgelehnt wurde, bereits angenommen. Als Nächster wird der Ständerat darüber befinden.
Dies beschäftigt auch die lokalen Bauern und Brenner im Kanton Schwyz. «Für Obstbauern wäre die steuerliche Entlastung ein wichtiger Schritt, gegenüber dem Ausland konkurrenzfähiger zu werden», sagt Franz Philipp, Sekretär der Schwyzer Bauernvereinigung.
Ausserdem hofft Philipp, dass die Bauern damit einen besseren Preis beim Verkauf an Obstbrenner erhalten würden. «Ein guter Preis ist die Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung», so Philipp, «nur so werden die Hochstammbäume richtig gepflegt sowie die Früchte abgenommen und verarbeitet.»
Gewerbliche Brenner befürchten dagegen neue Konkurrenz aus den eigenen Reihen: «Die Bauern könnten ihren Schnaps günstiger verkaufen, da sie neben der Befreiung der Mehrwertsteuer bis zu 100 000 Franken Umsatz auch noch weniger Steuern bezahlen müssten», sagt Tony Zgraggen, der in Lauerz eine Brennerei betreibt. «Das ist Wettbewerbsverzerrung.»
Bis jetzt hätten die Bauern die Früchte den Brennern verkauft. Neu würden sie von der Steuerreduktion profitieren und auf ihren Namen brennen lassen. Dadurch käme verbilligter Schnaps auf den Markt. «Wir Gewerbebrenner wären somit um einiges teurer auf dem Markt, da wir eben nicht profitieren können.»
Auch Paul Wiget, Brenner in Steinen, ist nach jahrelanger Diskussion über das Alkoholgesetz skeptisch und ernüchtert. «Das ursprüngliche Ziel, den Schweizer Marktanteil zu steigern, hat man aus den Augen verloren», so Wiget. Während man seit Jahren über die Probleme diskutiere, hätten bereits Brennereien ihre Tore geschlossen und Obstbauern aufgehört. «Letztlich wäre eine generelle Steuerreduktion der richtige Ansatz.»
Die Vorlage sieht jedoch das Gegenteil vor. Nämlich sogar eine generelle Steuererhöhung von 29 auf 32 Franken pro Liter, die jeden trifft. Von diesem Betrag werden dann die erwähnten 30 Prozent Reduktion für Kleinmengen gewährt. Dass dann noch viel Fleisch am Knochen ist, wenn man die Reduktion auf Bauer, Brenner und Konsument verteilen soll, bezweifelt Wiget.
Der Schweizer Spirituosenmarkt hat sich in den letzten Jahrzehnten massiv verändert. In den 80er-Jahren machten Importe etwa 20 Prozent des Marktes aus, heute sind es fast 90. Die einheimische Produktion ist seither eingebrochen. Das Brennjahr 2013/14 war gemäss Eidgenössischer Alkoholverwaltung das schlechteste seit Beginn der Buchführung 1932.
Auch die Anzahl der Hochstammbäume ist im Kanton Schwyz seit der Jahrtausendwende um fast zehn Prozent gesunken, wie Zahlen des kantonalen Amtes für Landwirtschaft zeigen. Von 2012 bis 2014 ist der Bestand allerdings wieder um 2 000 Bäume auf heute 70 000 gewachsen. Fast die Hälfte davon sind Kirschen.
Laut dem Schweizer Obstverband blieb der Preis für die Obstbauern in den letzten zwei Jahren stabil. «Unser Ziel ist es, den Preis auf diesem Niveau zu halten», sagt Vizedirektorin Josiane Enggasser. In der EU würden die Bauern deutlich weniger für ihr Obst erhalten.
Rahel Lüönd
Welche Auswirkungen erwarten Sie, wenn die Revision des Alkoholgesetzes so zu Stande kommt?
Adrian Affentranger: Das ist sehr schwierig zu sagen, weil schon viel über Möglichkeiten, wie die einheimische Brennerindustrie gestärkt werden kann, diskutiert wurde. Ich gehe davon aus, dass der Schweizer Marktanteil gesteigert würde, die Marge für die Brenner aber gleich bleibt.
Werden die Brenner also von der Steuerreduktion nicht profitieren?
Affentranger: Zwar erhält der Brenner für die ersten tausend Liter pro Bauer eine steuerliche Entlastung. Nun ist es aber so, dass der Bauer einen höheren Preis will und der Konsument einen tieferen – was zuletzt noch für den Brenner übrig bleibt, ist offen.
Manche Brenner befürchten, dass die Bauern ihre Früchte nicht mehr verkaufen, sondern gegen Lohn brennen lassen. Das würde den administrativen Aufwand erhöhen. Wie stehen Sie dazu?
Affentranger: Das ist sicher der Fall, weil die steuerliche Entlastung an den Rohstoff gebunden ist und nicht an den Brenner.