SCHWYZ: Beschuldigte beteuern Unschuld

Am ersten Tag des Schwyzer Berufungsprozesses um mutmasslichen Menschenhandel im Bordell Bolenberg in Tuggen haben die anwesenden Beschuldigten ihre Unschuld beteuert. Die Anwälte erklärten, es sei nicht erwiesen, dass die Frauen ausgebeutet worden seien.

Drucken
Das Haus Bolenberg in Tuggen steht seit Jahren leer. Rund um die frühere Kontaktbar kreuzen aber immer noch die Pflichtverteidiger und die Oberstaatsanwaltschaft die Klingen. (Archivbild Keystone / Sigi Tischler)

Das Haus Bolenberg in Tuggen steht seit Jahren leer. Rund um die frühere Kontaktbar kreuzen aber immer noch die Pflichtverteidiger und die Oberstaatsanwaltschaft die Klingen. (Archivbild Keystone / Sigi Tischler)

Der Prozess geht auf Razzien in Tuggen und Nidau BE 2007 zurück. Im Juni 2014 wurden die zehn Beschuldigten vom Schwyzer Strafgericht verurteilt, meist wegen Förderung der Prostitution oder Menschenhandels in der Kontaktbar Bolenberg in Tuggen. Sechs Mal wurde eine Freiheitsstrafe von 12 bis 32 Monaten verhängt, grösstenteils bedingt, neun Mal Geldstrafen sowie Bussen.

Die zehn Beschuldigten - neun Männer und eine Frau - legten Berufung ein. Es handelt sich um einen 73-jährigen Schweizer, der das Lokal in Tuggen vermietete und über die Betriebsbewilligung verfügte, so wie Personen aus der Türkei, Serbien, Rumänien, Bulgarien und dem Libanon im Alter von 27 bis 44 Jahre.

Der Vermieter sagte bei der Befragung am Beginn des Berufungsprozesses, er habe keine Fehler gemacht, sondern nur geholfen. Mit den Damen habe er nichts zu tun gehabt.

In geordneten Verhältnissen

Der Tenor der jüngeren Männer lautete, dass die Bolenberg-Zeit lange zurückliege, und dass sie heute als Familienväter in bescheidenen und geordneten Verhältnissen lebten. Sie könnten nicht verstehen, wieso sie verurteilt worden seien.

Der 30-jährige mutmassliche Haupttäter, der die Bar betrieb, sagte, aus heutiger Sicht sei der Bolenberg ein Blödsinn gewesen. Er habe auf schnellem Weg zu Geld kommen wollen. Die Freiheitsstrafe von 32 Monaten (davon 20 bedingt), bezeichnete er als drakonisch. Er sei von keiner Frau belastet worden.

Auch sein Verteidiger sagte, dass die erste Instanz entlastende Aussagen von Prostituierten ignoriert habe. Sein Mandant habe zwar Arbeitszeiten und Preise festgelegt, aber das sexuelle Selbstbestimmungsrecht der Frauen nicht verletzt.

Der Verteidiger beschuldigte den Vermieter und einen der zwei Beschuldigten, die nicht an den Prozess gekommen sind, als Haupttäter. Sein Mandant habe keine Erfahrung mit Bordellen gehabt und sei naiv gewesen.

Weitere Plädoyers folgen

Auch Anwälte von zwei anderen Angeklagten erklärten nicht nur, dass ihre Mandanten unschuldig seien, sondern auch, dass es nicht erwiesen sei, dass die Frauen ausgebeutet worden seien. Die Verhältnisse im Bolenberg seien ganz anders gewesen als im Bordell in Nidau, wo es zur Ausbeutung gekommen sei.

Beschuldigt ist auch die heutige Gattin des mutmasslichen Haupttäters. Die ehemalige Prostituierte soll zunächst selbst Opfer des Menschenhandels gewesen sein und dann die Seiten gewechselt haben. Sie war von der ersten Instanz zu einer 21-monatigen bedingten Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe verurteilt worden.

Die Verteidiger der Frau, des Vermieters und der weiteren Beschuldigten werden am Dienstag ihre Plädoyers halten.

(sda)