Einer der grössten Weihnachtsmärkte der Zentralschweiz ist seit gestern offen. Sein Trumpf: eine atemberaubende Kulisse – und einzigartige Produkte.
Rund 130 Stände zählt der Einsiedler Weihnachtsmarkt. Der Duft von Glühwein und festliche Musik begleiten den Besucher auf dem Weg zwischen Einsiedler Dorfplatz und Kloster. Perfekt zum Auftakt eines der grössten Weihnachtsmärkte der Zentralschweiz, der heuer zum 25. Mal stattfindet, passen die äusseren Bedingungen: Neuschnee sorgte gestern für eine winterliche Atmosphäre.
«Es ist eine ideale Einstimmung auf die Adventszeit», sagt Andrea Langner stellvertretend für alle Marktbetreiber. Angenehm sei es ja nicht, so lange an der Kälte zu stehen. «Die vielen Begegnungen und Gespräche entschädigen mich aber.» Die 45-jährige Einsiedlerin ist Stammgast am Traditionsanlass, der noch bis zum nächsten Sonntag dauert. Ihr Angebot: Krippenfiguren. Mit Ausnahme der Tiere, welche sie importiert, sind ihre Produkte selbst gemacht. Langner stellt fest, dass sich die Menschen wieder mehr für die Weihnachtsgeschichte interessieren und die Festtage nicht nur mit Geschenken verbinden.
Unvergesslich in Erinnerung ist ihr eine Begegnung im vergangenen Jahr. «Ein Kollege meines Mannes hütete für einen kurzen Augenblick unseren Stand, als eine betagte Frau aus dem Raum Thun mit ihm ins Gespräch kam», sagt Langner. «Es war seine Pflegemutter, die er seit 40 Jahren nicht mehr gesehen hatte.»
Erstaunliches weiss auch Eugen Merz zu berichten. Der 61-jährige Einsiedler preist in der Waldchapeli-Bar den Ur-Rosoli an. Hierbei handelt es sich um einen einheimischen Likör, der seit 1848 immer nach dem gleichen Rezept gemacht wird. «Seine Wurzeln hat er aber in Norditalien. Schweizer Bauern, die ihr Vieh dort verkauften, entdeckten den Rosolio und brachten das Rezept nach Hause mit. Daraus entstand der Rosoli», sagt Merz.
Noch heute werde der Likör von den hiesigen Bauernfamilien hergestellt. Im Gegensatz zu den Italienern, die Rosenblüten verwendeten, setze man bei uns aber auf gedörrte Süsskirschen. «Im Bündnerland entstand daraus der Bündner-Röteli. Er hat die gleiche Vorgeschichte wie unser Ur-Rosoli», sagt Merz und genehmigt sich einen Schluck des 25-prozentigen «Seelenwärmers», den es neu auch als alkoholfreien Punsch gibt.
Noch hochprozentiger ist das, was Silvia (68) und Gipsy Bügler (26) aus Oftringen feilbieten – der Kakaogehalt ihrer Zartbitterschokolade beläuft sich auf 58 Prozent. Für das eigentliche Interesse sorgen aber die speziellen Formen. Gartenschere, Schrauben, Muttern, Wasserhahn oder Sägeblatt: In der Schoggi-Werkstatt findet sich alles für den Heimgebrauch. Einfach nicht als Handwerk, sondern für den Dessertgenuss gedacht.
«Eigentlich vermieten wir Zelte», sagt Silvia Bügler. «Doch billige Anbieter aus dem Ausland zwingen uns, im Winter etwas Neues auszuprobieren.»
Handwerklich tätig werden können die Besucher des Einsiedlers Weihnachtsmarkts bei Sonja Lienert (25) und ihrer Familie. Wer will, kann seine eigene Kerze herstellen. Und das wollen viele. «Das Kerzenziehen ist eine Attraktion für Jung und Alt», sagt die Einsiedlerin. Und so wirds gemacht: Den Docht zunächst in den weissen Wachs halten und schnell wieder rausziehen. Auf zehn zählen und dann mehrmals nach Belieben in farbige Töpfe eintauchen. Am Ende im Wasser abkühlen. «Auf diese Weise beleben wir den Weihnachtsmarkt, er ist wichtig für das Dorf», betont Lienert und schwärmt: «Einsiedeln ist als Wallfahrtsort bekannt. Dazu passt die Kulisse mit dem Kloster, sie ist einzigartig.»
Impressionen: Mehr Bilder zum Einsiedler Weihnachtsmarkt finden Sie unter: www.luzernerzeitung.ch/bilder