Fahnen: Von der Kriegstrophäe zum Hasssymbol

Flaggen und Fahnen haben nach wie vor eine grosse symbolische Bedeutung. Dass dies schon seit Jahrhunderten so ist, zeigen die Sommerführungen im Bundesbriefmuseum.

Stephanie Zemp
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Schwyzer Bannerträger. (Bild: PD)

Schwyzer Bannerträger. (Bild: PD)

Wenn die Eidgenossen früher in die Schlacht zogen, trugen sie eine Flagge mit sich. Der Träger musste sie auf Leib und Leben beschützen. Gleichzeitig strebten die Krieger danach, die Flagge des Kontrahenten zu ergattern, erklärt Annina Michel. Die Historikerin bietet Führungen zu den Fahnen und Bannern im Bundesbriefmuseum an. Die erste Führung fand gestern statt.

Das Bundesbriefmuseum beherbergt Flaggen und Fahnen aus sechs Jahrhunderten. Ihre starke symbolische Bedeutung zieht sich bis in die heutige Zeit durch: Dies zeige sich auch in aktuellen Kriegen: «Als 2011 nach einem Nato-Angriff auf Soldaten in Pakistan die Flaggen der USA und der Nato verbrannt wurden, galt dieser Akt den Nationen, die dahinterstehen.»

Früher wurden die Flaggen der Gegner nicht verbrannt, sondern in den Pfarrkirchen öffentlich ausgestellt. Zwei solcher Beuteflaggen können im Bundesbriefmuseum betrachtet werden. «Es handelt sich dabei um zwei Flaggen, welche die Schwyzer anno 1531 in der Schlacht bei Kappel von den Zürchern erobert haben.» Aus diplomatischen Gründen wurden die beiden Trophäen weggeräumt, wie Michel erklärt: «Kurz nach der Schlacht fanden Friedensverhandlungen statt, deshalb hielten es die Schwyzer nicht für angebracht, diese Symbole öffentlich zur Schau zu stellen.»

Freund vom Feind unterscheiden

Die Führung erklärt auch, wie sich die Schwyzer und die Schweizer Flagge historisch entwickelt haben. Obwohl beide ein weisses Kreuz auf rotem Grund zeigen, haben beide einen ganz anderen Ursprung. In Schwyz war die erste Fahne ein blutrotes Tuch ohne Bild. Damit zogen die Krieger beispielsweise in die Schlacht am Morgarten. Jenes Exemplar ist im Bundesbriefmuseum ausgestellt. «Bei den Burgunderkriegen in den 1470er-Jahren trugen die Schwyzer eine rote Fahne mit dem gekreuzigten Christus und den Marterwerkzeugen mit sich», so Annina Michel. Im Verlaufe der Zeit reduzierte sich das Bild auf ein weisses Kreuz, wie es heute noch auf dem Kantonswappen dargestellt ist. Anders verhält es sich mit der Schweizer Fahne. «Im 14. Jahrhundert gab es noch keine Uniformen», erklärt Michel. Damit man in einer Schlacht dennoch den Feind vom Freund unterscheiden konnte, markierten sich die Eidgenossen mit einem weissen Kreuz auf der Hose. Später wurde das Kreuz auf die Fahnen übertragen. Im Jahre 1848 wurde diese Fahne zur Nationalflagge erklärt.

«Da die Flagge ursprünglich eine militärische Funktion hatte, ist sie quadratisch», weiss Michel. Damit ist die Schweiz neben dem Vatikan das einzige Land mit einer nicht rechteckigen Fahne. Ausserdem ist die Fahne absolut symmetrisch. «Es ist deshalb völlig unmöglich, sie verkehrt zu hissen», beendet Michel die Führung mit einem Schmunzeln.

Hinweis

Öffentliche Führungen im Bundesbriefmuseum: 16. Juni, 14. Juli und 25. August, jeweils um 10.15 Uhr. Die Teilnahme ist kostenlos.