Luzern
Bäume und der See helfen bei Hitze – die Temperaturunterschiede innerhalb der Stadt sind markant

Auf dem Littauerboden oder im Löwengraben ist es tagsüber deutlich wärmer als am Schwanenplatz oder im Vögeligärtli. Nachts bietet sich allerdings teils ein anderes Bild.

Stefan Dähler
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Hitze ist angesagt. Am Donnerstag kletterte das Thermometer bereits über 30 Grad, nächste Woche wird das erneut der Fall sein. Doch dabei kommt es zu markanten lokalen Abweichungen. Wie die aufgrund von 2018 und 2019 erhobenen Daten erstellte Klimaanalyse der Stadt Luzern bereits gezeigt hat, kann es innerhalb des Stadtgebiets an Hitzetagen Temperaturunterschiede von bis zu 6 Grad geben.

Wie sich diese Unterschiede anfühlen, wollte unsere Zeitung am Donnerstag an einem Stadtrundgang mit dem E-Bike (Anstrengung sollte man bei Hitze ja meiden) am eigenen Leib erfahren. Dabei handelt es sich um Momentaufnahmen und die Temperaturen wurden zwar im Schatten gemessen, wissenschaftliche Bedingungen sehen aber anders aus. Dennoch lässt sich sagen, dass der Einfluss der Umgebung klar spürbar ist.

Mit Wind lässt es sich eher aushalten

Start der Tour ist ein Baumarkt im Littauerboden, wo der Autor gleich ein Thermometer erwirbt. Der Littauerboden mit seinen grossen asphaltierten Flächen ist gemäss Klimaanalyse tagsüber ein Hitze-Hotspot. Auf dem gedeckten Veloparkplatz zeigt das Thermometer um 15.10 Uhr 34,5 Grad an. Offizieller Messwert von Meteo Schweiz ist 32,1 (deren Station befindet sich auf einer Wiese auf der Allmend). Es ist fast windstill und drückend heiss. An der Hauptstrasse dagegen ist es etwas angenehmer, es weht der Wind, im Schatten eines Gebäudes zeigt das Thermometer noch 33 Grad an.

Der Autor auf dem Littauerboden.

Der Autor auf dem Littauerboden.

Bild: Pius Amrein (Luzern, 14. Juli 2022)

Weiter geht's via Littau nach Ruopigen, wo in Waldesnähe unterhalb der Zimmereggbadi ein Schattenplatz unter einem Baum zu einer kurzen Pause einlädt. Es ist 15.30 Uhr, mit 30 Grad und Wind geradezu angenehm. Weiter unten, zwischen den Häusern in Reussbühl, zeigt das Thermometer 33,5 Grad an.

Gegen 16 Uhr gibt es im Löwengraben die nächste Pause, doch die ist von kurzer Dauer. Es gibt keine Bäume entlang der Strasse und kaum Wind. Asphalt und Mauern strahlen Wärme ab, entsprechend heiss ist es. Ein Blick auf das Thermometer: 34,5 Grad. Bei Meteo Schweiz sind es 32,1.

Im Löwengraben wird es ziemlich warm.

Im Löwengraben wird es ziemlich warm.

Bild: std (14. Juli 2022)

Kurz darauf, nur paar Meter weiter am Schwanenplatz, ist es deutlich angenehmer, obwohl auch dort keine Bäume stehen. Ein kühlender Wind weht vom See her, 30,5 Grad.

Am Schwanenplatz kühlt der Wind vom See her.

Am Schwanenplatz kühlt der Wind vom See her.

Bild: std (14. Juli 2022)

Um 16.15 Uhr zeigt das Thermometer im Vögeligärtli im Schatten eines Baumes «nur» noch 29 Grad an. Meteo Schweiz registriert derweil 32,2 Grad. Allerdings gibt es in den Häusern kaum Wind, daher fühlt es sich etwas wärmer an als am Schwanenplatz.

Im Vögeligärtli sorgt viel Grün für leichte Abkühlung.

Im Vögeligärtli sorgt viel Grün für leichte Abkühlung.

Bild: std (14. Juli 2022)

Nachts zeigt sich ein anderes Bild

Der See mindert tagsüber die Hitze deutlich. Es gibt aber eine Kehrseite, wie die Klimaanalyse gezeigt hat: «Die heissen Orte tagsüber sind nicht zwingend dieselben wie nachts», sagt Mirjam Luder, Stab Umweltschutz Stadt Luzern. Beispiele dafür sind der Littauerboden oder die Allmend:

«Dort gibt es grosse Gras -und Asphaltflächen, diese heizen sich bei Sonnenschein stark auf. Aber das Gras speichert die Wärme kaum und kühlt schneller ab.»

Hilfreich ist, dass sich im Umfeld unbebautes Gebiet befindet. In der Innenstadt dagegen bleibt es nachts heiss, da Strassen oder Wände die Wärme speichern. Weiter kühlen Gebiete bei Gewässern nachts nicht stark ab, da die konstante Wassertemperatur dann eher wärmend wirkt.

Hier sehen Sie die Temperaturunterschiede gemäss Klimaanalyse innerhalb der Stadt nachts und tagsüber:

Damit es in der Nacht auch in der Innenstadt kühler wird, sollte sich diese tagsüber nicht zu stark aufheizen. Unter anderem zu diesem Zweck hat der Grosse Stadtrat 2020 einen Kredit von 2,3 Millionen Franken für die Klimaanpassungsstrategie bewilligt. Es sind mehrere Massnahmen geplant: So sieht das Schwammstadt-Prinzip vor, Niederschlagswasser so im Boden zurückzuhalten, dass es zusätzliche Bäume und Grünflächen versorgen kann. Wobei schwierig abzuschätzen sei, in welcher Häufigkeit und mit welchen Intensitäten es künftig regnen wird, so Luder.

Weiter geplant sind der Einsatz von helleren Baumaterialien, die Wärme weniger aufnehmen, sowie die Sicherung der Durchlüftung, damit nachts kühle Winde von den Hügeln nicht durch grosse Bauten aufgehalten werden. Diese Aspekte sollen etwa bei der Erarbeitung von Sondernutzungsplänen berücksichtigt werden. «Es gibt aber zahlreiche Nutzungskonflikte, die ebenfalls berücksichtigt werden müssen, etwa die Ausnützung der Baufläche oder der Wunsch nach sonnigen Balkonen», sagt Luder.

Stadt plant grosses Entsiegelungsprojekt

Zusätzlich hat das Stadtparlament 2021 einen Kredit von 4,7 Millionen Franken im Rahmen des Gegenvorschlags zur Stadtklima-Initiative gesprochen. Diese Mittel sollen zur Entsiegelung von Asphaltflächen eingesetzt werden. Die Stadt plant nun ein grosses Entsiegelungsprojekt auf städtischen Grundstücken. Details dazu sind noch nicht bekannt, zur Umsetzung müsse noch eine Stelle besetzt werden, so Luder:

«Grundsätzlich besteht beispielsweise die Möglichkeit, den Belag von Parkplätzen in Rasengitterstein umzuwandeln, Schulhausplätze zu entsiegeln oder hellen Asphalt zu verwenden.»

Am effektivsten sei die Pflanzung von Bäumen, die für zusätzlichen Schatten sorgen und durch die Verdunstung von Wasser einen weiteren Kühlungseffekt erzeugen. Doch auch für städtische Grundstücke gebe es Einschränkungen. «Es muss weiter möglich sein, Plätze mit Rollatoren oder Kinderwagen zu begehen. Denkbar ist etwa, einen Asphalt- in einen Kiesplatz umzuwandeln und dabei einige versiegelte Wege beizubehalten.»

Einige Pilotversuche im Rahmen der Klimaanpassungsstrategie sind schon umgesetzt oder in Planung. So wurde an der Blattenmoosstrasse auf einem Abschnitt im Mai heller Asphalt eingesetzt. Dort würden auch Temperaturmessungen vorgenommen, so Luder. Geplant ist ausserdem ein Schwammstadt-Pilotprojekt an der Waldstrasse oder die Vergrösserung der Baumscheiben zur Verbesserung der Regenverfügbarkeit an diversen Standorten.

Massnahmen können Temperaturen um mehrere Grad senken

Wie stark dadurch die Hitze vor Ort reduziert werden kann, könne die Stadt nicht genau abschätzen. «Insgesamt ist das Potenzial sehr gross. Durch Klimaanpassungsmassnahmen kann man für die Aufenthaltsqualität viel erreichen», sagt Luder. Eine im Rahmen einer Masterarbeit an der Uni Bern durchgeführte Modellrechnung für die Stadt Bern zeigte, dass durch den Einsatz heller Materialien die Temperatur in dicht bebauten Gebieten um 2 Grad gesenkt werden, durch konsequente Begrünungen um bis zu 3 Grad. Allerdings müssen die Bäume dafür eine gewisse Grösse haben. Es dauert also mehrere Jahre, bis Klimaanpassungsmassnahmen ihre volle Wirkung entfalten.