Startseite
Zentralschweiz
Stadt Region Luzern
Der «Schnee von gestern» ist für immer geschmolzen: eine Würdigung für den unerwartet verstorbenen Hans Graber, langjähriger Redaktor unserer Zeitung.
Jetzt soll er so plötzlich nicht mehr da sein? Seine charakteristische Schreibe, sein Schalk und seine Liebenswürdigkeit, seine journalistisch enorm grosse Erfahrung, sein Sinn für den gemütlichen, gar ein bisschen kontemplativen Moment, gerne auch vor einem Glas Feierabendbier, sein kritischer Geist – einfach weg? Hans Graber, unser so geschätzter Journalistenkollege seit Bestehen dieser Zeitung, ist völlig unerwartet verstorben. Die Betroffenheit ist tief auf der Redaktion. Seiner Familie entbieten wir unsere herzliche Anteilnahme und wünschen ihr viel Kraft und gute Gedanken.
Hans Graber hat nach seiner Pensionierung im Sommer 2019 nach wie vor für unsere Zeitung gearbeitet. So betreute er redaktionell mit grosser Kompetenz weiterhin den «Ratgeber Gesundheit» und Kulinarikthemen wie «Gault-Millau». Und natürlich hat er auch weiterhin im Vierzehntagesrhythmus seine Kolumnen geschrieben. Genau wegen diesen Stücken ist Hans in und um Luzern bestens bekannt im Kreise der Zeitungsleserinnen und -leser.
Nun ist sein «Schnee von gestern» dahingeschmolzen. Für immer. Seine letzte Kolumne unter dieser Oberzeile erschien am 14. Januar. Hans philosophierte gewohnt süffig über seine Rück- und vermeintliche Schokoladenseite sowie über die Beziehung zu seinem dort seit gegen 20 Jahren getragenem Rucksack – «ein Spitzenmodell, quasi der SUV unter den Rucksäcken». Er setzte sich darin auch mit der komplexen Frage auseinander, ob es denn aus ästhetischen Gründen nicht auch ohne gehen würde: «Oft würde ein Handtäschchen vollauf reichen, aber ich habe mal den mir sehr einleuchtenden Satz gelesen, dass ein Herrenhandtäschchen nur etwas für Männer sei, ‹denen wirklich alles egal ist›. So weit bin ich noch nicht.»
Tatsächlich war er überhaupt noch nicht so weit. Sondern in seiner journalistischen Vita nach wie vor reichlich produktiv für seine Zeitung. Dies im hinteren Abschnitt einer langen Berufskarriere, die in seinem Heimatort Zofingen dereinst begonnen hatte. Nach seinen ersten Schritten als Sportberichterstatter im «Zofinger Tagblatt» setzte Hans Graber vollends auf die gedruckte Presse. Als Volontär und Redaktor verdiente er sich ab 1977 die Sporen ab bei «Allgemeiner Volkszeitung», «Glückspost» und «Schweizer Woche».
1981 folgte der Wechsel nach Luzern, er wurde als Redaktor bei der LNN angestellt. Dort, auf der Redaktion am Luzerner Löwenplatz, war er unter anderem für das Ressort Magazin verantwortlich und später dann wirkte er als Allrounder im Ressort Stadt Luzern, dies bis zur Fusion der LNN mit der «Luzerner Zeitung» zur «Neuen Luzerner Zeitung» ab 1. Januar 1996, der heutigen LZ.
Als Journalist beackerte Hans nie gerne nur ein einziges Gärtchen. Das war ihm zu starr, zu betoniert, wohl einfach zu wenig freischwebend. Seine Vielseitigkeit pflegte er auch privat. Beispielsweise mit seinem riesigen Musikarchiv, eingebettet darin sein grosser Favorit Bob Dylan. Beruflich schrieb und wirkte er neben seinen Stammressorts immer wieder auch ennet dem Zaun. Intern, aber auch extern. Zum Beispiel als freier sportmoderierender Mitarbeiter bei Radio Pilatus. Aber vor allem: Hans war schon bald und bis in die Gegenwart als Kolumnenschreiber gefragt. Als begnadeter Kolumnenschreiber, um präzis zu sein.
«hag», so sein Kürzel, war einer, der sich selber sehr gut beobachten, einschätzen konnte. Und zwar ohne sich dabei – das machte so viele seiner Kolumnen erst recht charmant - zu ernst zu nehmen. Wie an dieser Stelle, als es einmal mehr um seine stets liebe- und sehr respektvoll beschriebene Frau ging: «Bei einem Matador als Nebenbuhler könnte ich nicht mithalten. Das Einzige, was bei mir an Stierkampf erinnert, ist der etwas bullige Kopf.»
Mit dieser Würdigung indes hätte Kollege Graber wohl in der ersten Draufsicht seine liebe Mühe gehabt. Obwohl erprobter Kolumnist, liebte er es ganz und gar nicht, im Fokus zu stehen. Hans brauchte es aber auch, dass man ihm ein bisschen zum Glück verhelfen, ihn herausfordern musste, um seine Zusage für einen speziellen Artikel zu gewinnen. Ja es durfte in seltenen Fällen sogar auch strittig werden, auch wenn Hans ein sehr friedlicher Mensch war. Unter allerlei Gemurmel oder mit einem träfen Spruch, die Sonnen- oder Lesebrille hochgeklappt, machte er sich nach erfolgter Überzeugungsarbeit dann jeweils ans Werk. Er mochte sie nämlich doch auch ganz gern, die journalistische Bühne vor Publikum. Er kokettierte auch mit seiner diesbezüglichen Bescheidenheit, zur Freude sehr vieler Leserinnen und Leser, die «diesen Graber» regelmässig und zuverlässig «als Höhepunkt der Ausgabe» bezeichneten.
Hans Graber ist an den Folgen einer akuten Erkrankung 69-jährig gestorben. Begleitet von seiner Familie durfte er friedlich einschlafen. Wo auch immer er nun sein mag, er möge es schön haben dort. Viele Leserinnen und Leser und die ganze Redaktion werden dich sehr vermissen. Danke, lieber Hans. Wir trinken in diesen Tagen zusammen ein Bier auf dich. Draussen natürlich, wie du es selber gern getan hast, vor einer deiner Lieblingsbeizen. Das würde dir gefallen.