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Bei einer Sanierung wird die alte Fassadendämmung meist einfach entsorgt. Das muss nicht sein: Aus altem Styropor können neue und hochwertige Dämmplatten entstehen.
Die Sanierung dreier Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 66 Wohnungen an der Sternmattstrasse in Luzern ist eine Neuheit für die Schweiz: 4000 Quadratmeter Isolationsmaterial werden abgerissen – und anschliessend recycelt. «Baustoffe sind rar», sagt Tim Schelbert, Projektleiter der Baumanagementfirma Egli Schelbert AG. «Es freut mich, dass wir der Umwelt diesmal etwas zurückgeben können.»
Den Anstoss habe die Eigentümerin der Häuserblöcke, die Pax Versicherung, mit ihrem Wunsch nach einer möglichst nachhaltigen Sanierung gegeben. Normalerweise werden bei der Sanierung einer Kompaktfassade die Putzschicht und die Dämmung, die über dem Stein oder dem Beton liegen, entfernt und anschliessend entsorgt.
Beim Dämmstoff handelt es sich in diesem Fall um EPS-Hartschaum, der auch unter dem Markennamen Styropor bekannt ist. «Die Verbrennung dieser Dämmplatten, die hauptsächlich aus Erdöl bestehen, verursacht grosse CO2-Emissionen», so Schelbert. Um diese zu vermeiden, sammelt das Gipsergeschäft De Donno Mario AG, das die Sanierung durchführt, das alte Styropor ein.
Anstatt es in einer Kehrichtverbrennungsanlage zu entsorgen, holt die Swisspor AG das Material ab und bringt es zu ihrem Recyclingwerk in Boswil, wo die Firma seit drei Jahren eine Anlage für EPS-Recycling betreibt. Dort wird bereits Styropor für den Alltagsgebrauch wie etwa Verpackungsmaterial sowie Produktions- und Baustellenabfälle recycelt. Die Verarbeitung einer so grossen Menge wie jetzt von der Baustelle in Luzern ist jedoch neu.
Das gesammelte Styropor wird geschreddert, durch einen Luftstrom von schwereren Fremdkörpern wie etwa Mörtel getrennt und gereinigt. Dann wird es zu kleinen Perlen verarbeitet, aus denen danach neue Dämmplatten produziert werden. «Das EPS kann vollständig wiederverwendet werden», sagt Otmar Egli, Projektleiter bei der Swisspor. «Die Recyclingplatten haben dieselben Eigenschaften wie solche aus Primärrohmaterial und können identisch eingesetzt werden.» Die Produktion des Recycling-Styropors erzeugt fünfmal weniger CO2-Emissionen als die Herstellung mit Primärrohstoffen.
Das Recycling hat laut Baumanager Tim Schelbert aber nicht nur ökologische Vorteile: «Die Ölpreise sind in der letzten Zeit enorm gestiegen, was die Materialbeschaffung für uns erschwert.» Wenn altes Baumaterial zu einer inländischen Materialquelle werde, verringere das die Abhängigkeit von ausländischem erdölbasiertem Rohstoff.
Allerdings sei das Recycling des Styropors für Bauunternehmen momentan noch teurer als dessen Entsorgung. Dies, da die Produktionskosten für die Swisspor durch die bisher geringe Verarbeitungsmenge hoch seien. Schelbert ist aber der Meinung:
«Die Umwelt darf und muss uns etwas kosten.»
Trotzdem müsse das Recycling auf lange Sicht rentabel sein, um sich im Bauwesen zu etablieren. Die Nachfrage steigern könnten etwa Förderbeiträge, wie sie der Kanton bereits jetzt für hochwertige Fassadensanierungen vergibt. «Man könnte die Preisspanne zwischen Entsorgung und Recycling durch einen zusätzlichen Betrag ausgleichen.»
Über die Möglichkeit des Dämmstoffrecyclings wüssten viele Leute zudem noch gar nicht Bescheid. Diese bekannter zu machen, liege nun auch in der Verantwortung der Unternehmen, die am Pilotprojekt beteiligt waren. «Zukünftig werde ich die Kundschaft auf unsere guten Erfahrungen damit hinweisen», sagt Schelbert. «Ich würde sehr gerne wieder ein Projekt in dieser Form umsetzen.»