Stadtrat und Parlament lehnen die Volksinitiative für einen Pilotversuch mit einem Grundeinkommen ab.
Was würde passieren, wenn ich plötzlich nicht mehr selber für meinen Lebensunterhalt sorgen müsste? Diese Frage will ein Komitee vertieft untersuchen lassen. Dazu wurde die Initiative «Wissenschaftlicher Pilotversuch Grundeinkommen» in der Stadt Luzern eingereicht. Die Idee dahinter: Eine Gruppe von zufällig ausgewählten Personen erhält von der Stadt ein monatliches Grundeinkommen, mit dem die wichtigsten Lebenshaltungskosten gedeckt sind. Und dies ohne Gegenleistung. Welche Auswirkungen dies auf die Betroffenen, auf deren Umfeld sowie die Gesellschaft hätte, würde wissenschaftlich untersucht.
Ein dreijähriger Pilotversuch mit 300 Personen würde die Stadt rund 7 Millionen Franken kosten. Ob die Stadt Luzern einen solchen Versuch starten soll, wird die Bevölkerung Ende November an der Urne entscheiden.
Der Stadtrat hat bereits im April erklärt, dass er die Initiative zur Ablehnung empfiehlt. Am Donnerstag ist ihm nun auch das Parlament gefolgt. Zwar stiess die Initiative bei SP und Grünen teilweise auf Zustimmung, doch eine Zweidrittelmehrheit des Parlaments empfiehlt die Initiative zur Ablehnung. Denn: «Wer zahlt die ganze Chose?», fragte etwa Diel Tatjana Schmid (Mitte). Die Antwort darauf hatte Jörg Krähenbühl (SVP): «Bestraft würden die Fleissigen und Innovativen, die heute schon einen Grossteil der Steuerlast tragen.» Auch Peter Krummenacher (FDP) warnte: «Die Bedeutung der Erwerbsarbeit würde abgewertet.»
Ganz anders sah dies Selina Frey (Grüne): Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde «ein Leben ohne Existenzangst und ohne Armut» ermöglichen. Auch die psychische Gesundheit der Menschen würde sich verbessern, ist Frey überzeugt. Sie verwies noch auf einen anderen Aspekt: Heute gibt es viele Menschen, die etwa in der Kinderbetreuung und Seniorenpflege viel unbezahlte Arbeit leisten. Mit einem Grundeinkommen könnten solche Leistungen indirekt entlöhnt werden.
Für Sozialdirektor Martin Merki (FDP) ziehen solche Argumente nicht. Ein Grundeinkommen wäre vielmehr ein «Anreiz, damit die Leute nicht arbeiten». In Wahrheit ziele die Initiative auf eine Befreiung von Arbeit. «Das ist nicht sozial, sondern wahnsinnig elitär», so Merki.
Die Stadt habe genug zu tun, die bestehenden Sozialsysteme zu finanzieren. Da brauche es kein 7-Millionen-Experiment mit zweifelhafter Aussagekraft, erklärte Merki. Auch für Marta Lehmann (SP) gibt es bessere Wege zu mehr sozialer Gerechtigkeit – beispielsweise ein garantierter Mindestlohn.