Unbewilligte Kundgebung
500 Corona-Demonstranten in Altdorf: 180 Wegweisungen, zwei Verletzte – Polizei setzt Pfefferspray ein

Offiziell wurde die Kundgebung gegen die Coronamassnahmen in Altdorf abgesagt, die Behörden haben keine Bewilligung erteilt. Am Samstagnachmittag hielten sich dennoch viele Personen auf dem Rathausplatz auf. Am frühen Abend gelang es der Polizei, die Demonstranten vom Platz zu vertreiben.

Florian Arnold und Philipp Wolf
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Ein Bild, wie es Altdorf wohl noch nie sah: Hunderte Demonstranten sind um das Telldenkmal versammelt.

Ein Bild, wie es Altdorf wohl noch nie sah: Hunderte Demonstranten sind um das Telldenkmal versammelt.

Bild: Florian Arnold (10. April 2021)

Am Samstag haben in Altdorf rund 500 Personen mehrheitlich ohne Maske demonstriert. Dies bilanzierte die Kantonspolizei Uri in einer Medienmitteilung am Abend nach der illegalen Kundgebung. Die Personen hatten sich auf dem Rathausplatz in Altdorf versammelt. Sie wurden aufgefordert, die Menschenansammlung aufzulösen. Aus Verhältnismässigkeitsgründen habe die Polizei diese Ansammlung geduldet, heisst es in der Mitteilung weiter. Schliesslich habe sich ein Teil der Demonstranten auf einen Bauernhof an der Grenzgasse in Altdorf begeben. Die Polizei beendete die Ansammlung kurz nach 19.15 Uhr.

Die Kantonspolizei Uri hat gegen rund 180 Personen Wegweisungen und Fernhaltemassnahmen ausgesprochen. Wegen des Nichteinhaltens der Wegweisung kam es zu zwei Verzeigungen. Im Zusammenhang mit dem Umzug musste durch die Einsatzkräfte ein Warnschuss mit Gummischrot abgegeben werden, heisst es in der Medienmitteilung weiter. Auf dem Rathausplatz wurde zum Eigenschutz der Polizisten kurzzeitig Reizstoff eingesetzt. Zwei Personen begaben sich daraufhin selbständig zur Kontrolle ins Kantonsspital Uri, welches sie zwischenzeitlich wieder verlassen konnten.

Die Polizei vertreibt die Demonstranten.
22 Bilder
Corona-Skeptiker vor dem Tell Denkmal in Altdorf.
Die Demonstranten tragen keine Masken.
Am Morgen war's noch ruhig, am Nachmittag nicht mehr.
Die Polizei versucht, die Demonstranten vom Platz wegzuweisen.
Die Polizei steht bereit.
Bereits vor der Mittagszeit wies die Urner Kantonspolizei mutmassliche Demonstranten vom Rathausplatz in Altdorf.
Die Demonstration ist im Vorfeld von der Urner Regierung nicht bewilligt worden.
Vor dem Mittag war es um das Telldenkmal noch ruhig.
Die Polizei kontrollierte alle Fahrgäste am Bahnhof Flüelen.
Das Ereignis weckte das Interesse der Medien.
Eine Person mit einer Armbrust mimte den Nationalhelden Wilhelm Tell.
Die Polizei fuhr mit schwerem Geschütz auf. Die Urner konnten auf Unterstützung anderer Kantone zählen.
Nebst den Demonstranten zog es auch viele Schaulustige ins Zentrum.
Die maskierten Demonstranten betrauerten die traumatisierten Kinder, dazu erklang Kirchenmusik.
Die Polizei beginnt, den innersten Kreis einzukesseln.
Der Kreis wird enger.
Rund herum stehen noch viele Personen. Neben Demonstranten wohl auch einige Schaulustige.
Die Polizei nimmt Personenkontrollen und auch Verzeigungen vor.
Es gab einen Tryychler-Zug.
Viele halten sich nicht an die Maskenpflicht.
«Liebe, Freiheit, keine Diktatur» skandieren die Demonstranten.

Die Polizei vertreibt die Demonstranten.

Bild: Urs Flüeler/Keystone (Altdorf, 10. April 2021)

Weiter schreibt die Kantonspolizei Uri, dass es zu keinen Festnahmen kam. Gemäss dem bisherigen Kenntnisstand entstand kein Sachschaden. Die Kantonspolizei Uri wurde durch Einsatzkräfte aus dem Zentralschweizer Polizeikonkordat sowie durch die Transportpolizei der SBB unterstützt. Zudem stand der Rettungsdienst aus Zentralschweizer Kantonen im Einsatz.

Rigorose Kontrollen am Bahnhof in Flüelen

Begonnen hatte der Tag mit rigorosen Polizeikontrollen und zahlreichen Wegweisungen. Dies sowohl auf dem Rathausplatz als auch beim Bahnhof in Flüelen. An eben diesem hatte die Polizei am Mittag stark Präsenz markiert. Wer mit dem Zug ankam, musste sich einer Ausweiskontrolle unterziehen. Zudem war die Polizei zwischen Flüelen und Altdorf mit Strassenkontrollen präsent.

Auf dem Rathausplatz suchten die Polizeikräfte zu Beginn immer wieder den Dialog mit den Demonstranten. Die Ordnungshüter hörten zu, führten Personenkontrollen durch, überwachten das Treiben und forderten die Anwesenden mehrmals dazu auf, den Platz zu verlassen. Weil diese dem Aufruf nicht Folge leisteten, hatte die Polizei bereits kurz nach dem Mittag versucht, den innersten Kreis der Demonstranten rund ums Telldenkmal einzukesseln.

In Schwarz gekleideter Trauerzug

Doch bevor es soweit kam, sorgte eine Gruppe von knapp 20 Leuten auf dem Rathausplatz für Aufsehen. Sie trugen dunkle Kleidung sowie weisse Masken. Dazu präsentierten sie Schilder mit Botschaften wie «Wir betrauern die traumatisierten Kinder». Aus einem Lautsprecher ertönte schwermütige Kirchenmusik. Unter dem Applaus der umstehenden Demonstranten legten sie beim Telldenkmal einen Kranz nieder.

Plötzlich tauchten verhüllte Demonstranten auf.

Video: SDA

Im Anschluss an diese Aktion versuchte die Polizei abermals, den Rathausplatz zu räumen. Doch wieder kam es nicht so weit. Denn um etwa 14:45 Uhr marschierte eine Gruppe Tryychler mit über 100 Demonstranten im Schlepptau von der Gotthardstrasse her kommend auf den Rathausplatz.

Die Tryychler, die mit ihren grossen Glocken Lärm machten, umrundeten den Platz mehrmals und wurden von den Demonstranten frenetisch gefeiert. Dabei wurde immer wieder «Freiheit, Liebe, keine Diktatur» skandiert oder die Schweizer Nationalhymne gesungen.

Renitente Demonstranten wurden dabei kurz von der Polizei mit Pfefferspray besprüht. Darüber hinaus wurde ein Warnschuss mit Gummischrot abgesetzt.

Video: Silja Hänggi / CH Media

Schliesslich gelang es der Polizei kurz nach 15.30 Uhr, den Platz zu räumen. Viele der Demonstranten zogen durch die Schützengasse davon. Das Gros der Teilnehmer marschierte zu jenem Bauernhof, auf dem die Demonstration ursprünglich geplant war.

Video: Tele 1

Aktionsbündnis Urkantone hat die Kundgebung vorgängig abgesagt

Bereits im März entschied die Urner Regierung, eine Kundgebung am Samstag nicht zu bewilligen. Das Aktionsbündnis Urkantone als Initiator der Demonstration legte Beschwerde ein, sagte die Kundgebung ab und gab schliesslich bekannt, dass man weder sonstige Aktivitäten organisieren noch daran teilnehmen werde.

Gleichzeitig gab es auf dem Nachrichtendienst Telegram Bemühungen, Mitfahrgelegenheiten nach Altdorf zu koordinieren und Aufrufe, trotz Demonstrationsverbot nach Altdorf zu reisen. Die Urner Kantonspolizei rief in der Folge zu einem «Kundgebungsverzicht» auf und machte deutlich, dass sie unbewilligte Demonstrationen unterbinden werde.

Und während all dem stiegen im Kanton Uri die Coronafallzahlen, was die Urner Regierung dazu veranlasste, über mögliche Verschärfungen der Massnahmen zu diskutieren. Über allfällige Entscheide wird die Regierung am Montag informieren. (pw)