Die Fasnacht in Gurtnellen ist das Dorffest schlechthin. Der Faschingclub engagiert sich seit 70 Jahren für das Dorf.
Morgenstreich, Verteilen des Narrenblatts «Blöck», Risottoessen, Kinderumzug, Schnitzelbänke der Tratschihäxe, Konzert der Guggenmusik Smürfer-Spätzinder: Am Schmutzigen Donnerstag ist in Gurtnellen sehr viel los. Das Zentrum der Fasnacht befindet sich am nördlichen Dorfrand unterhalb Frieda Sterns Tankstelle: das Hillbilly-Pub im Geisssticki-Areal. In einer Baracke aus der Zeit des Autobahnbaus betreiben Aaron und Martina Grepper-Lusser ihr Restaurant seit 2016.
Kurz vor Mittag treffen die ersten ältere Einheimischen im Pub ein – «Abgabe von Risotto und Luganighe an die Bevölkerung» steht im Programm. Das feine Risotto bei einem Glas Wein und einem Schwatz wollen sie auf keinen Fall verpassen. Gekocht wurde es in der Militärküche des Schulhauses von Kari Walker und der Wirtin des Restaurants Bergheim, Astrid Dittli. Ihre Tochter Sandra, stets gut aufgelegt, ist die erste Präsidentin des Faschingclubs Gurtnellen. «Die Fasnacht in Gurtnellen ist ein Mitänand und Firänand», sagt Sandra Dittli. «Viele machen mit, fast das ganze Dorf ist auf den Beinen.» Es brauche aber den Verein, der die Fasnacht vorbereitet und durchführt.
Mit etwas Wehmut erinnern sich die Älteren an die Fasnacht der wilden 1950er-Jahre. Diese war urtümlicher, aber auch chaotischer. Nach der Gründung des Faschingclubs am 14. August 1950 dauerte es 20 Jahre bis zum ersten Statutenentwurf. Und es mangelte an Geld: 1956 war nach dem Einsammeln der Mitgliederbeiträge mehr Schnee als Geld im Bettelsack. Der Grund: ein Schneesturm. «Im ‹Alpenrösli›, im ‹Bahnhöfli›, im ‹Gotthard›, in der ‹Alten Post› und im ‹Sternen› waren Maskenbälle. Ländlerkapellen spielten zum Tanz auf», erinnert sich der 90-jährige Heiri Dittli, Gründungsmitglied des Faschingsclubs vor 70 Jahren. Schnee gab es damals en masse. Das war ideal: Ölfässer wurden auf Hornschlitten befestigt und so durchs Dorf gezogen. Man drosch zu viert mit Holzschlegeln auf die Fässer. Eine Eisenbahnschiene, an einem Gestell aufgehängt, diente als Klanginstrument. Pauken und Trommeln gab es aus Geldmangel keine. Später kauften die Katzenmusiker ausgediente Basler Pauken. Das Geld hatten sie sich zusammengespart. Vielleicht mussten sich nun aber die Katzenmusiker das Schauermärchen anhören, dass sich wegen der Paukenschläge Lawinen loslösen könnten?
Von Lawinengefahr ist dieses Jahr keine Rede: Bei Sonnenschein und 10 Grad versammeln sich um die 100 Katzenmusikantinnen und Katzenmusikanten beim «Alpenhorn». So nennen den Treffpunkt, obschon das Restaurant längst abgerissen wurde. Punkt 14.05 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung, vorne weg der unermüdliche Fähnrich Kari Walker. Der Umzug bewegt sich die Gotthardstrasse runter bis zum Geisssticki, Zünipause, zurück, danach eine Runde um den Bahnhofplatz, Schluss beim «Alpenhorn» und Abgabe der Instrumente. Knapp zwei Stunden später gönnen sich Kinder und Erwachsene beim Grillstand in der Geisssticki eine Bratwurst oder eine Portion Pommes. Um 18.30 Uhr ist das Hillbilly-Pub gedrängt voll, die Atmosphäre familiär. Alle warten auf die Schnitzelbänke der «Tratschihäxe». Mit den Guggenklängen der Smürfer-Spätzinder und Musik aus der Dose klingt der Schmutzige Donnerstag aus – wie jedes Jahr. «Was sich bewährt hat, ändern wir nicht», so Sandra Dittli.