Verbotene Baupiste, unerlaubte Entsorgung von privatem Aushubmaterial und Missachtung eines Baustopps: Jetzt wird einem Kirchenrat die Bauleitung entzogen.
Die alten Sickerleitungen rund um das gut hundertjährige Flüeler Pfarrhaus sind verstopft, sie nehmen das Regen- und Hangdruckwasser nicht mehr auf. Dieses gelangt durch die undichten Wände in den Keller, von dort zur Waschküche und wieder ins Freie. «Die zunehmende Feuchtigkeit im Haus ist seit Jahren ein Problem, die Zustände sind unhaltbar», erklärt Kirchenratspräsident Peter Schuler. «Wir haben deshalb beschlossen, die Leitungen und die undichten Aussenwände des Pfarrhauses zu sanieren.» Das Baugesuch wird von der Baukommission Flüelen am 20. August 2014 bewilligt – mit einer klaren Auflage: Die vom Kirchenrat gewünschte Baustellenzufahrt von der Kirchstrasse zum Pfarrhaus darf nicht erstellt werden.
Der Kirchenrat übergibt seinem Mitglied Markus Walker die Verantwortung für das Sanierungsprojekt. «Walker ist nicht nur Verantwortlicher für die Liegenschaften der Kirchgemeinde, er ist auch diplomierter Bauführer und kann dank seines Fachwissens mithelfen, die Kosten möglichst im Griff respektive tief zu halten», betont Schuler. Was der Kirchenrat ebenfalls weiss: Für verschiedene Flüeler Behördenmitglieder und Verwaltungsangestellte ist Walker «ein rotes Tuch». Der Grund: Er hat sich in der Vergangenheit bei privaten Bauvorhaben mehrmals über rechtliche Vorgaben hinweggesetzt und sich nicht um Auflagen der Behörden gekümmert. Schuler will dies nicht gross kommentieren: «Markus Walker ist mit den Behörden sicher nicht unbedingt gut Freund», sagt er nur. «Aber aufgrund seiner Funktion im Rat und seiner Fachkompetenz ist er der prädestinierte Bauleiter für unser Sanierungsprojekt, zumal er die anfallenden Arbeiten mit viel Herzblut und ohne Honorarforderungen erledigt», so der Präsident.
Im Dezember 2014 werden die Arbeiten rund ums Pfarrhaus aufgenommen. Sie sorgen in Flüelen schnell für Emotionen und Gesprächsstoff an den Stammtischen – aus mehreren Gründen:
Nachdem Mitarbeiter der Gemeinde, aber auch Bürger die Behörden über das illegale Vorgehen informiert haben, kommt es zu einer Aussprache zwischen Kirchenrat und Gemeindebehörden – ohne Erfolg. Die Baukommission verfügt deshalb am 19. Januar einen Baustopp mit folgender Auflage: Das Sanierungsprojekt darf erst weiterlaufen, wenn die Baupiste wieder entfernt und das aufgeschüttete Terrain in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt ist. Trotzdem laufen die Arbeiten weiter. Sie werden erst eingestellt, nachdem Gemeindepräsident Simon Arnold vor Ort interveniert hat.
Peter Schuler akzeptiert den aktuellen Baustopp: «Beim Entfernen der Hecke und beim Anlegen der Baupiste wurde widerrechtlich gehandelt, aber die entfernte Hecke kann man ja problemlos neu anpflanzen», beschwichtigt der Kirchenratspräsident. «Dass auch privates Material via Baupiste entsorgt und der Baustopp missachtet wurde, war sicher nicht unbedingt klug», gibt er zu. «Walker hat aber nicht mit böser Absicht, sondern eher im Übereifer und auch im Bestreben gehandelt, das Sanierungsprojekt möglichst klug und kostengünstig zu realisieren.»
Nicht einverstanden ist Schuler mit der Kritik an der Arbeitsvergabe: «Es wurden auch Urner und sogar Flüeler Unternehmen kontaktiert. Deren Offerten waren aber einerseits viel teurer, weil beispielsweise mit Regiestunden gerechnet wurde. Andererseits basierten die Zahlen auf Ausführungsvarianten, die nicht den Vorstellungen des verantwortlichen Kirchenrats entsprachen.»
«Markus Walker hat mit seinem Vorgehen Emotionen geschürt, die der Sache nicht dienlich sind», sagt Schuler rückblickend. «Wir haben den Fall deshalb Rats-intern diskutiert und nun eine neutrale und auswärts wohnhafte Person mit der Bauleitung beauftragt. Nur so können wir wieder vernünftig kommunizieren und das Bauvorhaben innert nützlicher Frist abschliessen.» Apropos nützliche Frist: Bereits zeichnen sich weitere Verzögerungen ab – allerdings aus einem neuen Grund (siehe Box).