Gestern begannen die 53. Solothurner Filmtage. Dieses Festival ist für das Schweizer Filmschaffen eine wichtige Veranstaltung. Heuer wird dabei auch ein Film mit Urner Protagonisten uraufgeführt.
Elias Bricker
«Ich hatte als Kind fast ein bisschen Mitleid mit dem Föhn, weil ihn niemand mochte», sagt der Erstfelder Meteorologe Ludwig Z’graggen im Kinofilm «Im Bann des Föhns». Der 70-minütige Dokumentarfilm über den «ältesten Urner» kommt im März in die Schweizer Kinos. Gedreht wurde er mehrheitlich im Kanton Uri.
Aktuell wird er zwei Mal im Rahmen der Solothurner Filmtage vorgeführt. Die mehrtägige Veranstaltung, die gestern begann, gilt wegen ihrer Ausstrahlung als wichtigste Werkschau für das Schweizer Filmschaffen. Am Sonntag feiert der Dok-Film dort seine Uraufführung.
Hinter dem Film steckt der Produzent und Regisseur Theo Stich, der einen Teil seiner Kindheit im Kanton Nidwalden verbrachte. «Der Föhn hat mehr Facetten als nur das Kopfweh», sagt der 56-Jährige. Dies versuche er im Film aufzuzeigen. «Denn der Föhn hat sowohl negative als auch positive Seiten.»
Sieben Personen stehen beim Kinostreifen im Zentrum. Sechs davon kommen aus dem Kanton Uri. Einer davon ist der bereits erwähnte Ludwig Z’graggen, der Bruder der Urner Regierungsrätin Heidi Z’graggen. Er befasst sich als Meteorologe bei Meteo Schweiz auch beruflich mit dem warmen Wind. Der Föhn prägt auch das Leben der Bergbauernfamilie Heidi und Thomas Eberli-Ziegler. Sie bewirtschaftet das Heimwesen Obere Bärchi in Isenthal. Bei starkem Wind können die Eberlis nicht mit der Seilbahn ins Tal fahren. Kapuzinerpfarrer Marzell Camenzind, der nun von seinem Orden nach 30 Jahren in Andermatt abberufen wird, weist im Film auf die Zerstörungskraft des Föhns hin. Immerhin brannten früher wegen des Föhns immer wieder ganze Dörfer ab – auch in Uri. Weitere Protagonisten im Dok-Film sind Alois Bissig und seine Frau Bernadette aus Flüelen. Der Föhn verhilft dem begnadeten Segelflieger immer wieder zu neuen Langdistanzflügen. Mit Unterstützung des Föhns konnte er sogar schon von Buochs nach Wien und wieder zurück fliegen. «Wenn der Föhn kommt, trägt er meinen Mann einfach weg», sagt Bernadette Bissig. Der einzige Protagonist, der nicht aus dem Kanton Uri stammt, ist der frühere ETH-Professor für Atmosphärenphysik, Hans Richner – ein eigentlicher Föhnexperte. Der Film wird zudem angereichert mit alten Filmaufnahmen.
«Ich hegte schon seit Jahren die Idee, einen Film über das Phänomen Wind zu drehen», sagt Regisseur Theo Stich. «Gerade das Paradox, einen Film über etwas zu realisieren, was unsichtbar ist oder man nur indirekt sieht, hat mich fasziniert.» Dass Stich sich mit dem Föhn auseinandersetzt, war aber nicht von Anfang an klar. «Das Thema Wind ist ein weites Feld», sagt er. «Aber schliesslich entschied ich mich für den Föhn, weil er für die Schweiz sehr prägend ist.»
2012 begann der freischaffende Filmemacher aus Uster schliesslich mit den Recherchearbeiten. 2015 drehte er mit seiner Equipe dann einen Grossteil der Filmsequenzen. Der Regisseur, der schon mit Dokumentarfilmen über Nordkorea oder die letzte zivile Hinrichtung in der Schweiz für Aufsehen sorgte, ist nun gespannt, wie sein neuster Wurf beim Publikum ankommt.