Bernhard Brägger ist mit einem Ford T an die entferntesten Ecken Europas gefahren. Als Produkt dieser Reise hat er am vergangenen Freitag in Altdorf ein Buch mit vielen spannenden Geschichten und eindrücklichen Fotos präsentiert.
9. April 2015: Bernhard Brägger aus Oberwil macht sich auf zu einer fast zwölfmonatigen Reise an die vier entferntesten Ecken des europäischen Festlands. Unterwegs ist er nicht etwa in einem bequemen und mit modernster Technik ausgerüsteten Auto. Brägger wagt das Abenteuer in einem 22 PS «starken» und ungeheizten Ford T (Baujahr 1926), auch «Tin Lizzy» oder «Blechliesel» genannt. Dieses Fahrzeug hat Kultstatus und ist spätestens mit jener Szene eines Laurel-und-Hardy-Films weltberühmt geworden, als es auf offener Strasse auseinanderfällt.
Bernhard Brägger, der ehemalige Rallyefahrer mit Berner Wurzeln sowie beruflicher und familiärer Vergangenheit in Uri, verzichtet bewusst auf GPS oder andere elektronische Hilfsmittel. Er vertraut allein auf Karte und Kompass, übernachtet nicht in warmen Hotelbetten, sondern vorwiegend im mitgeführten Zelt, dann und wann bei Verwandten und Bekannten. Nur im hohen Norden ist er nicht allein unterwegs – aus Sicherheitsgründen. «Ich weiss nicht, wie die alte Mechanik bei minus 25 bis 30 Grad reagiert», begründet er dies im Vorfeld. «Wenn ich 60 oder 70 Kilometer vom nächsten bewohnten Dorf entfernt stecken bleibe, muss mich jemand in die nächste Ortschaft abschleppen, sonst könnte das unter Umständen tödlich enden.»
«Ich will eine Reise zurück an die Quelle der Motorisierung unternehmen und erleben, wie es vor bald 100 Jahren gewesen sein muss, mit einem derart langsamen Vehikel unterwegs zu sein», sagt Brägger im März 2015. Und er betont: «Gut 400 Kilometer habe ich schon gebraucht, bis ich meine ‹Lizzy› stresslos fahren konnte.» Das ist nachvollziehbar, wenn man weiss, dass der Ford T kein konventionelles Getriebe mit Kupplung hat, sondern einfach zwei Gangstufen, die mit den Füssen bedient werden müssen. Die rudimentäre Technik und die Tücken des fast 90-jährigen Autos bestimmen in der Folge die Reisegeschwindigkeit. Brägger wählt die Routen so aus, dass er die geplanten Ziele auf seiner Reise in die Vergangenheit auch erreichen kann. Steile Passstrassen und Städte werden deshalb möglichst umfahren.
Am 28. März 2016 kehrt Brägger zurück. Im Kopf hat er viele Erinnerungen, im Gepäck unzählige Fotos und Filmsequenzen, aber vor allem auch spannende Geschichten und Gedanken, die er auf seiner aussergewöhnlichen Fahrt über rund 25 000 Kilometer aufgeschnappt und notiert hat. In geschichtsträchtigen Gegenden wurde er auf der Suche nach Zeugen und Spuren vergangener Zeiten fündig. In Zusammenarbeit mit Teammedia-Inhaber Raini Sicher ist aus dem Rohmaterial das 144 Seiten und rund 150 Bilder umfassende Buch «Mit der Tin Lizzy an die entferntesten Ecken Europas» entstanden. Es enthält 48 Geschichten zum Staunen, zum Geniessen, zum Nachdenken, zum Verabscheuen – teilweise mit überraschendem Schluss. Am Samstag konnte man an der Vernissage in Altdorf nicht nur in Bräggers neustem Buch blättern, sondern auch einen eindrücklichen Kurzfilm von Thomas Horat geniessen. Der Schwyzer Filmemacher hat Brägger im hohen Norden begleitet und dabei ebenfalls ein eindrückliches Dokument geschaffen.
Das Buch «Mit der Tin Lizzy an die entferntesten Ecken Europas» kann im Buchhandel gekauft oder online für 30 Franken bestellt werden.