Was trug die Welt 1924? Auskunft gibt eine Ausstellung im Museum Fram in Einsiedeln über das Welttheater im Allgemeinen und das von Einsiedeln im Speziellen. Gezeigt werden unter anderem Kostüme aus fast neun Jahrzehnten.
Die Schau «Dem Meister ein Spiel. Calderón, die Einsiedler und ihr Welttheater» erzählt die Geschichte nicht nur von Pedro Calderón - einem Superstar seiner Zeit - und seinem «El Gran teatro del mundo». Sie beleuchtet auch die historische Faszination der Einsiedler für Theater an sich.
Mit eine Rolle spielten die 1620 gegründete Klosterschule und ihr Schultheater. Dass nur Buben aufgenommen wurden, erschwerte allerdings die Erstellung der Spielpläne. Zunächst wurden nur Stücke mit ausschliesslich männlichem Personal gespielt. Oder man schrieb Dramen um, so dass aus Frauen Herren wurden und aus Liebesbeziehungen heroische Verbrüderungen.
Erst in den 1930er Jahren kamen Frauenfiguren auf die Schulbühne - gespielt von zum Teil recht abenteuerlich verkleideten und geschminkten Jungs, wie ein drolliges Foto belegt. Schon im 16. Jahrhundert unterstützte das Kloster auch Laientheater im Dorf. Vor allem Fasnachtsspiele wurden von den frommen Dienern des Herrn begrüsst. Die in der Innerschweiz so populären Spiele sollten «die Ausgelassenheit dämpfen und die allzu weltlichen Freuden fromm versalzen».
Die Stunde des Grossen Welttheaters von Einsiedeln schlug 1924, vier Jahre nach den ersten Salzburger Festspielen, die wohl mit ein Vorbild waren. Die Einsiedler Gründungsmitglieder waren der Abt Ignaz Staub, der einheimische Barock-Experte Linus Birchler und der deutsche Schauspieler Peter Erkelenz.
Die Wahl des Klosterplatzes - der zweitgrösste Kirchenplatz nach dem Petersplatz in Rom - als Spielfläche bot sich an, nicht nur wegen seiner guten Akustik, sondern wegen seiner Zweigeteiltheit: Der Klostereingang oben stellte den Himmel, die Ebene unten das Diesseits perfekt dar.
Im Verlaufe der Jahrzehnte machten die bis heute 15 Inszenierungen mehrere Häutungen durch - was im FRAM unter anderem auch mit historischen Kostümen demonstriert wird. Der barocke Pomp der ersten Aufführungen wich in den 1950er Jahren Erwin Kohlunds schlichteren Interpretationen.
Doch 1970 kam es dennoch zu einem Eklat: Das «Theaterkollektiv Alternativ» inszenierte am Rande des Zuschauerbereichs ein 15- minütiges sozialkritisches «Kleines Welttheater». Die Studenten warfen den Organisatoren vor, dass Calderóns Original die sozialen Unterschiede zwischen Arm und Reich als gottgewollt darstelle.
Weitere Aufführungen des Protest-Stücks in Einsiedeln wurden zwar verboten, aber ein Dokumentarfilm darüber schaffte es immerhin an die Solothurner Filmtage.
Es folgte eine überarbeitete Fassung und später wieder eine eher antiquierte. Nachdem letztere 1992 ein grosses Defizit einfuhr, wurden für die Fassungen 2000 und 2007 der Autor Thomas Hürlimann und der Regisseur Volker Hesse auf den Plan gerufen - mit beträchtlichem Erfolg.
Die von Beat Fäh inszenierte Version 2013 von Tim Krohn dürfte sich noch einen Schritt weiter vom Metaphysischen weg entfernen: Den «Meister» (Gott) strich bereits Hürlimann; Krohn hat nun auch «Die Welt» getilgt sowie aus dem «König» einen «Präsidenten» und aus dem «Bettler» einen «Penner» gemacht.
Hinweis:
Die Ausstellung dauert bis zum 30. November. Das Museum ist jeweils von DI-FR von 13.30 bis 17 und SA und SO von 10-17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet für Erwachsene 10 Franken, Senioren, IV 8 Franken.