Heftige Gewitter sorgten am Sonntagabend in der Region für Überschwemmungen. Stark betroffen war der Kanton Luzern. In Dierikon sind eine Mutter und ihre Tochter im Untergeschoss ihres Wohnhauses ertrunken.
Das heftige Unwetter am Sonntagabend forderte im Kanton Luzern zwei Tote: In Dierikon sind eine 32-jährige Mutter und ihre 5-jährige Tochter im Untergeschoss ihres Wohnhauses im Dörfli ertrunken. Während ihr Ehemann Auto und Roller aus der Tiefgarage in Sicherheit brachte, gingen die beiden Opfer aus unbekannten Gründen ins Untergeschoss. Dort wurden sie gemäss Luzerner Polizei vom schnell eindringenden Wasser überrascht. Die beiden Opfer wurden von der Feuerwehr tot aufgefunden, als sie das Kellergeschoss auspumpten.
«Wir sind sehr betroffen vom Unglück», sagte Hans Burri, Gemeindepräsident von Dierikon». Der Ehemann der ertrunkenen Frau werde von einem Care-Team betreut. So massiv sei ein Unwetter in dieser Gegend noch nie gewesen. «Das grosse Problem war, dass der Götzentalbach in einer Röhre unter der Strasse hindurchführt und diese Röhre verstopft war. Dadurch trat der Bach über die Ufer und setzte viele Keller unter Wasser», so Burri. Viele Bewohner des Dörflis sind fassungslos: «Ich wohne seit 60 Jahren hier, aber so etwas habe ich noch nie erlebt», sagt ein Anwohner gegenüber Luzernerzeitung.ch. Gemeinde und Kanton hätten es verpasst, in den Hochwasserschutz zu investieren. Gemäss der Luzerner Polizei ist es in diesem Gebiet bekannt, dass Wasser bei Unwetter in Tiefgaragen laufe. «Das Unwetter vom Montag lässt sich mit dem Unwetter von 2005 vergleichen», sagt Martin Marfurt, Kommandant der Feuerwehr Ebikon-Dierikon. Jetzt sei das Schadensausmass aber viel grösser.
Feuerwehren und Polizei waren am Sonntagabend in vielen Zentralschweizer Regionen im Grosseinsatz. In der Stadt Luzern musste die Polizei eine 75-jährge Frau aus ihrem Auto evakuieren. Ihr Auto blieb aufgrund des Wassers stecken. Sie konnte unverletzt ihren Nachbarn übergeben werden, wie die Luzerner Polizei in einer Mitteilung schreibt. Leser berichten von überfluteten Kellern und Strassen. Ein Leser erzählt per Telefon, er sei vom Sturzregen überrascht worden und innert Sekunden patschnass gewesen, das Wasser ströme nur so die Strasse entlang. Die Polizei registrierte von 19.30 Uhr bis 23.30 Uhr 165 Schadensmeldungen. Hauptsächlich wurde eindringendes Wasser (132 Fälle) gemeldet. Vom Unwetter am meisten betroffen waren neben Dierikon und Luzern die Gemeinden Sörenberg, Adligenswil und Udligenswil.
Im Einsatz waren rund 20 Feuerwehren, wie der Feuerwehrinspektor in der Nacht auf Montag auf Anfrage sagte. Die Kantonsstrasse zwischen Udligenswil und Küssnacht sowie die Götzentalstrasse zwischen Udligenswil und Dierikon sind wegen Sturmschäden in beide Richtungen gesperrt. Gemäss Meteonews fielen in Luzern am innert wenigen Stunden 31 Liter Regen.
In Nidwaldenwar fast das gesamte Kantonsgebiet betroffen. Wie die Kantonspolizei Nidwalden auf Anfrage erklärte, wurden zahlreiche Keller überflutet, mehrere Bäche sind über die Ufer getreten. Bei der Einsatzleitzentrale seien über 100 Notrufe eingegangen. Die meisten Meldungen gingen aus den Gemeinden Dallenwil, Ennetbürgen, Ennetmoos, Oberdorf, Stans und Stansstad ein. Verletzt worden war in Nidwalden niemand. Die Strasse nach Wirzwelimusste wegen eines Erdrutsches gesperrt werden, ebenso wie der Allweg in Ennetmoos. Die Verbauungen im Raum Stans / Stanshorn seien sehr wirksam gewesen, so ein Reporter. Das Wasser, das vom Stanserhorn gekommen sei, habe kanalisiert und über die Wiesen abgeleitet werden können, wo es nun versickern könne.
Auch die Stanserhorn-Bahn hatte unter den heftigen Unwettern zu leiden.Das Trassee der Bahn wurde auf einer Länge von 300 Metern, um bis zu 50 bis 60 Zentimeter unterspült. Gleisspezialisten sind bereits vor Ort und darum bemüht, dass der Betrieb der Standseilbahn möglichst schnell wieder aufgenommen werden kann. Die Arbeiten dauern voraussichtlich bis am Mittwoch, wie die Stanserhorn-Bahn am Montag mitteilt. Der Betrieb der Stanserhorn-Bahn werde mittels Busersatz aufrecht erhalten. Die Busse verkehren gemäss Fahrplan ab der Talstation in Stans zur Mittelstation Kälti und zurück. Somit kann das Stanserhorn mit der Cabrio-Luftseilbahn wie gewohnt ab der Mittelstation erreicht werden.
In Obwaldenhatten laut Polizeiangaben vor allem die Feuerwehren von Giswil, Sachselnund Engelbergviel zu tun. Auch hier wurden Keller überflutet, es gab mehrere kleine Erdrutsche. Strassen mussten bis 22 Uhr jedoch noch keine gesperrt werden. Im Gebiet Kaiserstuhlhaben sich zudem mehrere Murgänge ereignet. Deshalb ist die Zentralbahn-Strecke zwischen Giswil und Meiringen bis am Dienstagabend unterbrochen. Es verkehren Ersatzbusse. Meteonews registrierte innerhalb wenigen Stunden in Giswil 67 Liter Regen.
Im Kanton Schwyzdrangen grössere Wassermassen in Keller ein. Dies vor allem in Küssnacht und Oberiberg, teilte die Schwyzer Kantonspolizei mit.
Keine grösseren Schäden wurden bisher im Kanton Zugregistriert.
ca/mla/rem/sda/nop
HINWEIS
Für die nicht durch Versicherungen abgedeckten Schäden hat die Gemeinde Dierikon ein Spendenkonto eingerichtet: IBAN: CH87 0900 0000 6178 1379 3 Konto PostFinance: 61-781379-3 Stichwort: Unwetter Dierikon
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350 Mal mussten auch 31 Feuerwehrorganisationen im Kanton Zürich ausrücken. Ab 21.30 Uhr wurden zahlreiche überflutete Keller gemeldet, wie ein Sprecher von Schutz & Rettung mitteilte. Die Gewitterfront zog aus Richtung Süden über das Kantonsgebiet und sorgte insbesondere in den Bezirken Affoltern, Dietikon, Horgen und Zürich für Schäden.
89 Einsätze entfielen auf die Stadt Zürich. Um die zahlreichen Notrufe entgegennehmen und bearbeiten zu können, wurde das Personal in der Einsatzleitzentrale von Schutz & Rettung zeitweise auf bis zu 30 Personen aufgestockt.
Die SBB meldeten einen Erdrutsch zwischen Birmensdorf und Schlieren, der die Zuglinie verschüttete. Auf Online-Portalen waren zudem Bilder eines halb versunkenen Autos in Schlieren zu sehen.
Die starken Regenfälle stellten auch die Feuerwehr in Bern auf die Probe. Die Zulg, die bei Thun in die Aare mündet, führte Hochwasser und viel Schwemmholz. Auch aus dem Thunersee floss Schwemmholz in die Aare, was im Berner Mattequartier zu einer bedrohlichen Situation führte.
Weil es nicht gelang, genügend verkeiltes Holz aus dem Fluss zu fischen, wurden schliesslich im Bereich Schwellenmätteli die mobilen Schwellenelemente entfernt. So entspannte sich kurz vor Mitternacht die Situation binnen Minuten.
Zu einem Erdrutsch kam es zwischen Thun und Interlaken. Die Hauptstrasse ist dort bis am Montag 9.00 Uhr in beiden Richtungen gesperrt.
Der Wetterdienst Meteocentrale gab für Graubünden kurz nach Mitternacht eine Unwetterwarnung heraus. Das Gewitter sei kurz und intensiv gewesen, doch Schadensmeldungen seien keine eingegangen, hiess es bei der Bündner Kantonspolizei auf Anfrage. (sda)