1410 Schützinnen und Schützen und viele Ehrengäste nahmen am traditionellen Schiessanlass beim Denkmal teil – bei «typischem Morgartenwetter».
Der Anlass ist für viele Schützinnen und Schützen aus der ganzen Schweiz ein Muss, aber auch für die bürgerlichen Zuger Politiker und viele weitere Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Militär: Am Morgartenschiessen trifft man sich, lebt Tradition und Geselligkeit. Der Anlass fand heuer bereits zum 106. Mal statt, bei «typischem Morgartenwetter», wie vor Ort oft zu hören war. Kühl und zu Beginn nass war es, was vor allem für dreckige Schuhe sorgte, der guten Stimmung auf dem Gelände jedoch keinen Abbruch tat. Ein paar Mal zeigte sich sogar die Sonne für kurze Zeit über dem Ägerisee.
1410 Schützen waren angereist, um sich im Schiessen über 300 Meter zu messen. Unter ihnen ein ganz besonderer Gast: Neva Menzi, die 16-jährige Schützenkönigin des diesjährigen Zürcher Knabenschiessens. Sie hatte sich am Vormittag mit den Jungschützen Ägerital-Morgarten ins Stroh gelegt, um ihre Schüsse abzugeben. Mit den 39 von 50 Punkten, die sie erreichte, zeigte sich die junge Frau, die zurzeit ein Praktikum als Fachfrau Betreuung absolviert, zufrieden. Die Stimmung in Morgarten beschreibt sie als «mega cool» und «spannend». Es sei für sie «etwas ganz Neues», so die Zollikerin.
Urs Hürlimann, alt Regierungsrat und Präsident der organisierenden Morgarten-Kommission, sprach am Apéro für die rund 350 Ehrengäste von einem Freudentag. In seiner Rede, bei der man zum Teil wegen der Gewehrsalven im Hintergrund ganz genau hinhören musste, sprach er vom «Mythos Morgarten», von Freiheit, Unabhängigkeit, Frieden und Selbstständigkeit. «Diese Werte werden hier gelebt, ganz ohne Partei-Ideologie.»
Mittendrin im Publikum sass Ehrenpräsident Friedrich «Friedel» Nussbaumer. Er stand dem Morgartenschiessen von 1990 bis 2006 vor und freute sich, auch dieses Mal wieder dabei zu sein. «Im Jahr 1995 verzeichneten wir mit 2510 Schützen einen absoluten Rekord», blickte er zurück. «Die Zeiten haben sich geändert, doch ich stelle fest, dass die Begeisterung für den Schiesssport wieder zunimmt.»
Diesen Eindruck teilt John Hüssy, Vizepräsident und Pressesprecher des Morgartenschiessens. Er zeigte sich über die Anzahl Anmeldungen erfreut und sagte: «Es ist schön, durften wir auch elf Gruppen aus der Armee begrüssen.» Der Sturm in der Nacht auf Freitag habe glücklicherweise nichts von der Infrastruktur zerstört. «Das Team hatte die Situation gut im Griff.» Für den Aufbau der Scheibenanlage ist das Militär zuständig, für die Abschrankungen, die Beflaggung, die Logistik, den Verkehr und das Sanitätswesen die Morgarten-Kommission. Der Aufbau dauert laut Hüssy acht bis zehn Tage. «Der Aufwand ist beträchtlich, doch wir sind ein eingespieltes Team.» Gemäss dem Pressesprecher sind zirka 70 freiwillige Helfer vor Ort im Einsatz. Darunter viele Einheimische und solche, die sich seit vielen Jahren engagieren. Für Romy Grunder, Wirtin im «Buechwäldli» war es übrigens bereits das 40. Morgartenschiessen.
Auch ausserhalb des VIP-Zelts herrschte gute Stimmung. Auf dem Schiessgelände oberhalb des Morgartendenkmals sind Fernand Imhof und Bruno Kaufmann vom Schützenverein Wädenswil anzutreffen. «Unser Schützenverein gehört zur Gründersektion des Morgartenschiessens», erzählte Imhof nicht ohne Stolz. Und sein Kollege fügte an, dass er bereits zum 56. Mal am Traditionsanlass teilnehme. Doch die beiden hatten nicht viel Zeit für das Gespräch, in wenigen Minuten hiess es für sie: «Feuer».
Bereits geschossen hatten Anton Gehrig und Hansruedi Beutler von den Sportschützen Wolfacker aus Ittigen bei Bern. Sie besuchten das Morgartenschiessen zum ersten Mal. «Der Anlass hat eine grosse Bedeutung, wir haben nun aus Gwunder teilgenommen», sagte Anton Gehrig. Hansruedi Beutler ergänzte: «Die Stimmung ist toll und friedlich, das Essen ist fein.» Für die beiden stand fest: «Wir werden nächstes Jahr zu 99 Prozent wieder kommen.»
Stärken konnten sich die Schützen mit einem legendären «Ordinäri», einem wärmenden Eintopf mit Fleisch und Gemüse. Um 14.30 Uhr hiess es gestern «Ende Feuer», und anstelle der Gewehrschüsse war danach die Buuremusig Baar zu hören. An der Schützengemeinde ab 16 Uhr sprach Andreas Stricker, Trésorier der «Arquebuse» aus Genf, und Vizepräsident der historischen Schützen Schweiz. Er äusserte sich über die Bedeutung der historischen Schiessanlässe im Land.
Der Morgarten-Tag endete mit der Rangverkündigung und einem Nachtessen in der Morgartenhütte. So mancher Schütze ging mit einem Landsknechtbecher für die Sieger in den Einzelgruppen nach Hause, und sicher jeder mit schönen Erinnerungen und Vorfreude aufs nächste Mal. Das neue Sturmgewehr 90 durfte Cyrill Wyss von den Schützen Ägerital-Morgarten entgegennehmen: Er ist stolzer Meisterschütze.
Die Resultate finden Sie auf www.morgartenschiessen.ch sowie auf www.hmps.ch
Während auf dem Gelände beim Morgartendenkmal das 300-Meter-Schiessen stattfindet, wird jeweils auf Schwyzer Boden, bei der Schlachtkappelle in Sattel, das 50-Meter-Pistolenschiessen absolviert. Dieses fand heuer zum 63. Mal statt. Gleichzeitig wird in der Schornen der Schlacht am Morgarten gedacht. Die Feier ist bescheiden. Gut Schweizerisch. «Mit relativ wenig Aufwand erhalten wir hier einen guten Austausch», sagt der Gemeindeschreiber von Sattel, Pirmin Moser. Und wirklich, die Schwyzer Regierung nutzte den Anlass, um auch Persönlichkeiten aus der Wirtschaft einzuladen. So waren denn gestern an der 704. Gedenkfeier der Schlacht am Morgarten nicht nur Militär, Politik und Kirche, sondern auch Vertreter der Wirtschaft anwesend. Womit der Anlass mit rund 2500 Teilnehmern nicht nur Sattel, sondern dem ganzen Kanton einen volkswirtschaftlichen Nutzen bringt. An der Gedenkandacht predigte Pfarreileiterin Cordula Napieraj nach dem Verlesen des Schlachtbriefs. Sie sprach davon, wie Tradition sich verändere. «Wer hätte sich vor einigen Jahren vorstellen können, dass eine Frau die Andacht leitet», sagte sie, oder dass die Teilnahme eines Vertreters der Reformierten Kirche heute nicht mehr wegzudenken sei. Der Schwyzer Bezirksammann Joe Zihlmann sagte in seiner Ansprache, «dass die aktuellen Herausforderungen nicht mehr mit Hellebarden und Morgenstern, sondern mit Verständnis und Offenheit zu lösen sind.» Dafür brauche es viel Mut und Kraft, wie dies von unseren Vorfahren vorgelebt worden sei. Zuvor zog die Festgemeinde von Sattel auf das Schlachtgelände in den Schornen. Mit dabei waren nebst der Schwyzer Regierung verschiedene Fahnendelegationen, eine Trachtengruppe, der Musikverein, die Roten Schwyzer und der Kavallerieverein, ein Militärspiel, der Fahnenzug des Geb Inf Bat 29, militärische Gäste sowie Offiziere und Unteroffiziere. (sea)