Die neue Eissaison hat bereits begonnen. Während draussen die Sonne niederbrennt, wächst drinnen langsam aber stetig das Eis auf dem Spielfeld der Academy Arena. Eismeister Erwin Fassbind erklärt die Tücken des Geschäfts.
Hinter der schweren Eingangstüre fühlt sich der Augustschweiss auf einmal unangenehm kühl an. In der Academy Arena des EV Zug herrschen klamme 12 Grad. Die bunten Reklamekreise auf dem Feld ruhen noch gestochen scharf unter dem klaren jungen Eis. Eismeister Erwin Fassbind kniet am Rand des Felds, rammt sein Multifunktionsmesser ins Spielfeld und misst die Eisdicke. Knapp 3 Zentimeter gefrorenes Wasser ruhen schon auf den rund 1800 Quadratmetern. Während draussen unerbittlich die Hitzewelle auf den Asphalt brandet, werden hier bald 90000 Liter Wasser zu Eis erstarren. «Wir spritzen das Wasser aber nicht einfach mit dem Gartenschlauch auf das Feld, bis es voll ist», scherzt Fassbind.
«Bei diesem heissen Sommer habe ich mir auch schon überlegt, die leeren Plätze hier tagsüber für eine kleine Abkühlung zu vermieten.»
Erwin Fassbind, Eismeister Bossard Arena
Der Aufbau des Grundeises ist eine Wissenschaft für sich. Schicht um Schicht wird geduldig Wasser aufgetragen. «Das Wasser muss langsam gefrieren, damit der Staub der Umgebung nach oben wandern kann. Wenn wir am Schluss die letzte Schicht wieder abtragen, ist der Schnee richtig grau vor Dreck.» Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Und auch danach braucht das Eis viel Zuwendung. Acht Mann stark ist das Eismeisterteam der Bossard Arena. Doppelschichtbetrieb. Sieben Tage die Woche.
Das Eis arbeitet. «In diesen heissen Tagen ist die Kühle in der Halle schon angenehm. Man darf sie aber auch nicht unterschätzen», weiss Fassbind. Seit 19 Jahren ist er schon Eismeister. Zuerst im Hertistadion und jetzt hier in der Bossard Arena. «Jedem Neuling predigen wir, darauf zu achten, nicht verschwitzt in die Halle zu kommen.» Fassbind zieht sich zuerst um, bevor er die Halle betritt. «Die meisten lernen es aber erst, wenn sie sich im Hochsommer zum ersten Mal erkältet haben.»
Bei jedem Training und jedem Match hinterlassen die Kufen der Spieler Schnitte im Eis. Besonders bei den Trainings, wenn die ganze Mannschaft das Feld intensiv nutzt. Danach tragen die Eismeister das zerfurchte Eis wieder ab und tragen neues auf. Bahn für Bahn fahren sie mit der Eismaschine übers Feld, tragen Eis ab, waschen den Schnee weg und füllen die Kratzer mit warmem Wasser auf. «Warmes Wasser bleibt länger flüssig. So fliessen die einzelnen Bahnen schön ineinander,» erklärt Fassbind sein Metier.
Der Aggregatsprung von flüssig zu fest vollzieht sich bei warmem Wasser jedoch schneller als bei kaltem und es entsteht ein klareres Eis. Während das Eisfeld im Endstadium auf minus 6 Grad gekühlt wird, müssen Fassbind und sein Team die Halle der Academy Arena beheizen, dass sie auf erträgliche 12 Grad kommt. Dafür leiten sie die Abwärme der Kühlanlage in die Luft. «Bei diesem heissen Sommer habe ich mir auch schon überlegt, die leeren Plätze hier tagsüber für eine kleine Abkühlung zu vermieten», meint er im Scherz.
So abwegig ist die Geschäftsidee aber nicht. Nach dem kurzen Besuch am Eis empfindet man die brütende Hitze draussen wieder als wohlige Umarmung.
Fassbinds Geschichte mit dem Eis geht aber noch länger zurück, als seine Arbeit als Eismeister. In seiner Jugend war er Leichtathlet und Bobfahrer. 1988 fuhr er an den Olympischen Spielen in Calgary für die Schweiz und schaffte es mit seinem Team auf den 9. Platz. Auch als Eishockeytrainer für die EVZ Piccolos war er auf dem Eis. Durch seinen Sohn rutschte er in den Verein und dadurch später ins Team der Eismeister. «Eigentlich ist das alles nur wegen meines Sohnes», meint er, den Eismeister-Veteranen-Schalk in den Augen.