KUNST AM BAU: Unterägeri hat seinen «Albert-Merz-Platz»

Mit der voluminösen Doppelskulptur «dazwischen» schliessen Ursula und Gustav Iten ihr Bauprojekt ab. Das Konzept der symbolträchtigen Plastik lieferte der illustre Unterägerer Künstler von «nebenan».

Andreas Faessler
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Vom Unterägerer Künstler und persönlichen Freund Albert Merz liessen Ursula und Gustav Iten die imposante Doppelskulptur «dazwischen» konzipieren.

Vom Unterägerer Künstler und persönlichen Freund Albert Merz liessen Ursula und Gustav Iten die imposante Doppelskulptur «dazwischen» konzipieren.

Andreas Faessler

andreas.faessler@zugerzeitung.ch

Die Vollendung eines Wohnbauprojekts wird meist mit dem Einzug der Bewohner besiegelt. Für die «Chrüzmülimatt» an der Höfnerstrasse in Unterägeri haben sich die Bauherren Ursula und Gustav Iten etwas Besonderes ausgedacht: Als Zeichen der Fertigstellung haben sie Anfang vergangenen Juli eine Doppelplastik eingeweiht, die in «ihrem» Quartier einen starken kulturellen Akzent setzt. Somit ist die Chrüzmülimatt «komplett». Dass die beiden den Bauprozess mit dem Akt der Enthüllung eines Kunstwerks abschliessen wollen, das hatten sie von Anfang an geplant.

Die Plastik hat einen hohen Symbolgehalt, nicht nur wegen ihrer Aussage, auf welche später eingegangen werden soll, sondern genauso aufgrund ihres Standorts: Die Kinderstube ihres Urhebers lag einst wenige Meter vom Kunstwerk entfernt. Kein Geringerer als der international tätige und anerkannte Unterägerer Künstler Albert Merz – heute in Berlin tätig – hat die Doppelskulptur mit dem Namen «dazwischen» entworfen. Direkt gegenüber der Skulptur steht das Haus, in dem Merz aufgewachsen ist. Dass die Wahl für dieses Stück Kunst am Bau auf ihn gefallen ist, geht auf die persönliche Freundschaft zwischen ihm und dem Ehepaar Iten zurück, welches das traditionsreiche Bäckereiunternehmen Kreuzmühle bis 2011 in sechster Generation geführt hatte, ehe es die Nachkommen übernommen haben. Die Begeisterung der beiden für die Kunst von Albert Merz äussert sich auch in ihren Privaträumen, wo eine Vielfalt an Merz-Werken würdige Plätze erhalten hat. Unter ihnen entdeckt man schnell das kleine «Vorbild» für das Kunstwerk im Garten: ein knorriges Stück Baum in Aluguss und eine schwarze Granitstele. Das Exponat hat das Ehepaar einst bei einer Merz-Ausstellung in der Zuger Galerie Renggli für sich entdeckt. «Wir waren uns schnell einig, dass unser Kunstwerk im Freien so aussehen soll wie dieses», sagen die beiden.

Die Suche nach einem geeigneten Baumstück im Wald gestaltete sich schwieriger als erwartet. Erst wollte sich einfach kein passendes Teil finden lassen, das die Auftraggeber überzeugte und die Vorstellungen des Künstlers erfüllte, was die Aststruktur und die sehr grobe Textur der Rinde anging. Schliesslich war die Suche erfolgreich. Mit dem Aluguss wurde Kunstgiesser Ignaz Röllin in Neuheim beauftragt. Als am 7. März ein Grossbrand den Giessereibetrieb zerstörte, rechneten die Itens damit, dass mit dem Unglück auch ihr im Entstehen begriffenes Kunstwerk verloren war. Doch war es wider Erwarten von den Flammen verschont geblieben – mit der bereits ausgearbeiteten Gussform konnte der Baum aus Aluminium ausgeführt werden. Derweil entstand in der Firma Meier Natursteine in Morgarten das zweite Element der Doppelskulptur: die schwarze Granitstele. Auf einem massiven Betonfundament wurden die beiden Teile schliesslich fixiert und um sie ein kreisrundes Schotterbett angelegt mit integrierter Beleuchtung. Am 5. Juli wurde das Kunstwerk im Beisein seines Urhebers Albert Merz feierlich enthüllt und eingeweiht.

«Wir haben grosse Freude an der Skulptur», sagen Ursula und Gustav Iten. «Und diese Freude wollen wir mit den Leuten teilen.» Deshalb haben die beiden bewusst einen Platz direkt an der Höfnerstrasse ausgewählt, wo jeder Vorbeikommende die Merz-Skulptur in voller Pracht auf sich wirken lassen kann. «Für mich ist das hier jetzt der kleine ‹Albert-Merz-Platz›», meint Gustav Iten und betrachtet zufrieden das Werk.

Knapp dreieinhalb Meter ragt der knorrige Baum aus Aluminium in den Himmel. Sein spiegelglatt geschliffenes Gegenstück ist wesentlich niedriger – in der Höhe vom Künstler so bestimmt, dass die Proportionen der beiden Elemente harmonieren. Die Bezeichnung «dazwischen» ist mehrdeutig, wie Albert Merz selbst den Anstoss gibt: Das Werk visualisiert den Dialog zwischen Gegeneinander und Miteinander, Natur und Zivilisation, Natur und Kultur, Organischem und Kristallinem und Gewachsenem und Gestaltetem. Freilich wird dem Betrachter weitere Interpretationsfreiheit gewährt – ob er Parallelen zu den Eigenheiten der beiden Elemente auch in seinem Wesen oder in seinem eigenen Leben findet.