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GLP-Kantonsrat Claus Soltermann schreibt zum Thema Eigenverantwortung.
In vielen Bereichen des öffentlichen Lebens wird insbesondere von liberalen Parteien (GLP, FDP) und in letzter Zeit auch durch den Bundesrat (Bekämpfung der Pandemie) auf Eigenverantwortung der Bevölkerung gesetzt. In der heutigen Zeit mit der Coronakrise ist dies mehr gefragt denn je.
Was heisst das nun, Selbstverantwortung und eigenverantwortliches Handeln? Jeder und jede übernimmt die Verantwortung für sein Handeln und Unterlassen und trägt die daraus entstehenden Konsequenzen. Das Prinzip der Eigenverantwortung basiert auf dem liberalen Ideal eines mündigen, selbstbestimmten Menschen. Aus diesem Prinzip folgt keine Ablehnung, Verantwortung und Solidarität auch für andere zu übernehmen.
Ich möchte nun anhand von zwei Beispielen – Coronapandemie und Klimawandel – näher darauf eingehen: Die Coronapandemie hat die Bevölkerung in der Schweiz in zwei gegensätzliche Blöcke geteilt und jeder Block besteht darauf «eigenverantwortlich und vor allem selbstbestimmt» zu handeln. Der eine Block hält sich an die Empfehlungen des Bundesrats. Lässt sich zweimal impfen, testen oder ist bereits genesen und hält die Maskenpflicht sowie die Abstandsregeln ein und schützt sich selbst und so weit wie möglich seine Umgebung. Diese Bürger erhalten daraufhin das begehrte Zertifikat und damit einen Grossteil der bisherigen Freiheiten zurück. Der andere Block lehnt alle bundesrätlichen Vorgaben ab und pocht auf seine Freiheiten oder ignoriert diese gänzlich oder hält diese äusserst minimal ein. Wenn es nicht anders geht, nimmt er die Konsequenzen in Kauf und verzichtet widerwillig auf die Privilegien eines eigenverantwortlichen Handelns. An dieser Stelle nehme ich ein Zitat von Immanuel Kant (1724–1804) zu Hilfe: «Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.» Handelt der zweite Block nun eigenverantwortlich? Wohl kaum, er nimmt eine eigene Ansteckung – und damit die Weitergabe der Ansteckung an Dritte – in Kauf. Er nimmt also wissentlich und willentlich die Überlastung des Gesundheitssystems mit allen weiteren Konsequenzen wie steigende Gesundheitskosten, Überlastung des Pflegepersonals und Erhöhung der Krankenkassenkosten für uns alle in Kauf.
Beim Klima verhält es sich ähnlich. Auch hier stehen sich zwei grundlegend gegensätzliche Blöcke (mit vielfach identischem Personenkreis) gegenüber. Der erste Block versucht, dem drohenden Klimakollaps entgegenzuwirken, und nimmt seine Eigenverantwortung wahr und versucht möglichst viel CO2-Ausstoss zu verhindern. Indem er auf alternative Energien wie Solar- und Windenergie setzt, den ÖV benutzt, wenig oder gar nicht fliegt oder auf Elektroautos wechselt und bei der Ernährung auf häufigen Fleischkonsum (Rindfleisch) verzichtet. Der andere Block ignoriert den Klimawandel total (obwohl Wetterextreme in diesem Jahr für jedermann spürbar waren). Für diesen Block gibt es den Klimawandel nicht und das eigenverantwortliche Handeln ist sehr gering. Er verteidigt sein Recht, ohne Klimakompensation zu fliegen, das PS-starke Auto seiner Wahl zu fahren (häufig mit Verbrennungsmotor) und so viel Fleisch zu essen, wie er will.
Tragen wir deshalb Sorge zu unseren demokratischen Freiheiten, indem wir die Verantwortung für uns selbst, unsere Mitmenschen und die Natur übernehmen und entsprechend handeln. Egoismus und kurzfristiges Denken bringen uns nicht weiter und entzweien die Gesellschaft. Dann muss der Staat mit drastischen, einschränkenden Massnahmen einschreiten – und das wollen wir alle sicher nicht.
In der Kolumne «Zuger Ansichten» äussern sich Kantonsrätinnen und Kantonsräte zu einem frei gewählten Thema. Ihre Meinung muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.