Urs Raschle wird ab nächstem Jahr für die CVP im Stadtrat sitzen. Dort möchte er den «touristischen Gedanken» einbringen.
«Langsam verstehe ich, was da am Sonntag passiert ist. Aber ich reite noch immer auf einer Welle – ich bin total glücklich und befreit», sagt Urs Raschle und strahlt. Für den 37-Jährigen steht seit drei Tagen fest, dass sich einiges ändern wird. Der CVP-Mann wurde für den zurücktretenden Andreas Bossard (CSP) in den Zuger Stadtrat gewählt. Mit einem hauchdünnen Unterschied von 45 Stimmen auf den zweiten Kandidaten der FDP, Stefan Moos, ist Urs Raschle der Einzug in die städtische Exekutive gelungen. Damit meldet sich die CVP ab 2015 nach vierjähriger Absenz zurück in die Stadtregierung.
Urs Raschle hatte zwar im Wahlkampf klar signalisiert, dass er den Sitz für die CVP zurückerobern will. Dass es aber tatsächlich klappen würde, daran habe er bis zum Schluss nicht zu denken gewagt. «Ich habe vor allem über den Plan B nachgedacht. Ich musste auf eine mögliche Niederlage vorbereitet sein», sagt der gross gewachsene Mann. Dies umso mehr, nachdem Raschle im Mai verkündet hatte, dass er per Ende Jahr – unabhängig vom Ausgang der Wahlen – sein Amt als Geschäftsführer von Zug Tourismus niederlegen wird. Er habe damit einiges aufs Spiel gesetzt, blickt er zurück. «Es war ein Risiko und gleichzeitig ein wichtiges Signal.» Zudem sei es Zeit gewesen für eine Veränderung. Dennoch waren die letzten Wochen für den CVP-Kantonsrat intensiv. «Der Wahlkampf hat Kräfte gezehrt. Am Sonntag ist eine Türe aufgegangen, für die ich meinen Wählerinnen und Wählern unglaublich dankbar bin und durch die ich gerne gehe.»
Dass der Erwartungsdruck an ihn als Stadtrat hoch sein wird, ist Urs Raschle bewusst. Damit könne er umgehen. Auch dank seinen Erfahrungen im Tourismus. «Ich habe gelernt, wie ich mit schwierigen Situationen umzugehen habe», erklärt der studierte Volkswirt. Ausserdem habe er in den letzten sieben Jahren eine «Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners» entwickelt. Ein Aspekt, den Raschle in die Politik bringen will, ist deshalb der «touristische Gedanke». «Ich musste mich bei meiner Arbeit stets fragen: Ist das im Sinne meines Gastes?» Das wolle er auch im Stadtrat tun. «Ich werde stets fragen: Ist dieser Entscheid im Sinne unseres Kunden, also im Sinne der Bevölkerung?» Den Willen der Zuger erkennen will der frischgebackene Stadtrat durch seine Vernetzung. «Ich bin viel unterwegs, bin in Vereinen und bei Organisationen dabei.» Dort bekomme er einiges zu hören. «Das Zuhören ist eine meiner Stärken. Ich bin eher ein Zuhörer als ein Vielredner. Darum glaube ich, dass ich erfahre, was die Bevölkerung erwartet.»
Welches Departement Urs Raschle übernehmen wird, steht noch nicht fest. Es ist aber anzunehmen, dass er Andreas Bossard beerben und das Departement Soziales, Umwelt und Sicherheit antritt. Für den 37-Jährigen wäre das eine spannende Herausforderung. «Es ist sehr vielfältig. Das reizt mich. Allerdings werde ich mich auch einarbeiten müssen.» Das will der CVP-Mann im ersten Jahr gründlich machen. Daneben wolle er auch ganz genau hinschauen. Vor allem im Bereich Soziales werde er stets den Finger drauf haben. «Ich will im Sinne der Bevölkerung prüfen, ob es wirklich alle Leistungen, die erbracht werden, auch benötigt», erklärt er.
Für Raschle ist zudem klar: «Die grosse Herausforderung für die Stadt Zug ist das Globale. Wir müssen schauen, dass wir in dem Strudel, der weltwirtschaftlich herrscht, ein Fels in der Brandung bleiben.» Dazu brauche es positive Rahmenbedingungen, einen haushälterischen Umgang mit den Finanzen sowie eine Lösung für den Zuger Finanzausgleich. Daneben sei das Sozialleben eine zentrale Aufgabe. «Wir müssen daran arbeiten, dass wir eine gute Durchmischung von Neuzuzügern, Expats und Urzugern erreichen. Es gilt aufzupassen, dass wir das im Griff behalten», mahnt der Tourismusdirektor. Es könne nicht sein, dass sich die Familien der Expats nicht einleben könnten und die Urzuger sich nicht mehr zu Hause fühlten. Einen Blick in seine eigene politische Zukunft will Raschle noch nicht direkt werfen. Er wolle nun erst einmal mit der Arbeit in der Stadtregierung beginnen. Raschle hält sich darum auch zurück bei der Frage, ob er auf längere Sicht auf das Stadtpräsidium schielt. «Für eine solche Aussage ist es wirklich noch zu früh. Es ist aber kein Geheimnis, dass sich die CVP als staatstragende Partei gerne im Stadtpräsidium sehen würde.»