Zuger Mittelalterfest: Ritter, Gaukler und holde Jünglinge

Wie war das Leben vor unserer Zeit? Das Mittelalterfest in Zug zeigte dies eindrücklich und humorig.

Haymo Empl
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Ein Spektakel in Zug: Das Mittelalterfest. (Bild: Christian H. Hildebrand, Zug, 15. September 2019)

Ein Spektakel in Zug: Das Mittelalterfest. (Bild: Christian H. Hildebrand, Zug, 15. September 2019)

Ist er irre? Oder einfach nur ein Bettler mit Wunden und Abszessen? Die Gestalt in Lumpen – akkurat auf desaströs dargestellt – ist faszinierend, denn es wird klar, wie schwer es gewesen sein musste, aussätzig oder arm oder krank oder alles zusammen zu sein.

Auch für die gfürchigen Gestalten hat es am Mittelalterfest in Zug Platz. (Bild: Christian H. Hildebrand, Zug, 15. September 2019)

Auch für die gfürchigen Gestalten hat es am Mittelalterfest in Zug Platz. (Bild: Christian H. Hildebrand, Zug, 15. September 2019)

Bettler, Huren, Henker, Totengräber – sie standen im Mittelalter ausserhalb der Gesellschaft und bekamen dies auch zu spüren. Der Gaukler hingegen, der war anerkannt. Solche Infos werden ganz en passant am Mittelalterfest vermittelt. Die Stadt-Kulisse von Zug eignet sich dafür hervorragend. Mal amüsant und mit Augenzwinkern, mal dramatisch wie im Fall des aussätzigen Bettlers wurde der damalige Alltag ziemlich realistisch dargestellt. Begleitet wurde das Spektakel von einem «Mittelaltermarkt».

Der Eingang zur Burg - ausnahmsweise streng bewacht. Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
22 Bilder
Motocross anno 1516? Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Von oben haben sie alles im Blick. Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Ein mittelalterliches Picknick. Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Pfeilbogenschiessen begeisterte auch die Kinder. Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Tells Apfelschuss. Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Ein Löffelschnitzer. Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Diese Gestalt wollte entkommen. Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Ein Falkner mit seinem Vogel. Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Die Kinder durften Steine schleifen. Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Die Küferei. Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)
Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)

Der Eingang zur Burg - ausnahmsweise streng bewacht. Bild: Christian H. Hildebrand (Zug, 15. September 2019)

Gelangweilte Falken und verstörte Motten

Was ein Blasebalg alles vermag, wurde beim Schmid eindrücklich gezeigt. Nur durch diese mannshohe Konstruktion war es möglich, die Glut auf die richtige Temperatur zu bringen. Allein die Bedienung dieses Balgs war eine Kunst für sich. Vor Ort und Publikum fertigte der Handwerker in Originalkluft allerlei Alltagsgegenstände. Bei den Heerlagern gab es Falken zu bestaunen, die da einfach hockten und warteten und sich auch nicht von den singenden Landsknechten irritieren liessen.

Die Fusion von Nostalgie, Wissen und Unterhaltung ist beim 3. Mittelalterfest mehr als geglückt, denn hinter den Rittern, Vagabunden und Gauklern stecken Menschen, die sich intensiv mit «dem Mittelalter» auseinandergesetzt haben und dieses Wissen geduldig und profund teilen. Im Gegensatz zu anderen ähnlichen Veranstaltungen stehen in Zug ganz offensichtlich die kommerziellen Interessen weniger im Vordergrund. Eher ist es die Liebe zur «alten Kunst» und die Achtung vor der Vergangenheit. Selbst die Marktfrau, die Mottenkugeln aus Arvenholz verkaufte (um im Jargon zu bleiben: «Feilbot») wusste sehr detailliert, warum ein «Arvenstübli» früher ein gern gewählter Aufenthaltsort war: Das Ungeziefer und die Mäuse mochten den Geruch des Holzes nicht und auch heute noch ergreifen die Motten die Flucht beim Duft des ätherischen Öls der Arve.

Wer wollte, konnte sich noch intensiver mit der Thematik «Mittelalter» beschäftigen: «Der Burgbach und seine Mühlen» oder «Das mittelalterliche Zug» waren beispielsweise Führungen, die rege besucht waren. Überhaupt schien es am Wochenende so, als ob sich kaum jemand dem Charme des Festes entziehen konnte: Sogar bei der Burg Zug war ein Schild mit dem Hinweis, man solle Schwerter und Hellebarden doch am Eingang abgeben.

Das Mittelalter war äusserst kriegerisch und daher konnten auch Rüstungen anprobiert werden – assistiert wird man dabei von einem blondgelockten, holden Jüngling. Kettenhemd und Helm zeigten beispielsweise, welche Last die Ritter am Körper schleppen mussten. Allein das Metallhemd konnte 30 Kilogramm ausmachen. Die Ritter verbrannten also unglaubliche Mengen an Kalorien, die dann die «Völlerey» teilweise rechtfertigte. Von dieser gab es am Fest reichlich, inklusive Spanferkel. Das Fest – ein voller Publikumserfolg und man darf hoffen, dass aufgrund der grossen Begeisterung für die Thematik auch nächstes Jahr wieder ein solch spannender und unterhaltsamer Infotainment-Mix stattfinden wird.